28. Mai 2011

Das doppelte Schmittken

Filed under: Klangblog — Schlagwörter: , — VSz | Klangverführer @ 22:13

Gestern noch hat er mit seinem wunderbaren Projekt trondheym das Freudenzimmer in den Kreuzberger Ritterhöfen gerockt, da steht er schon wieder auf der Bühne: der unermüdliche Gerhard Schmitt, der heute mit seinen Schmittkeliedern beim Pop-Pourri, einer Veranstaltungsreihe der Freunde Guter Musik, besser bekannt als Ich bin Pop, auftritt.

Auch wenn Kopfhörerhund sich vermutlich besonders über den Auftritt von Labrador aus Dänemark gefreut hätte, habe ich den elendigen Steuermarkenverlierer – ab der wievielten weigert sich das Finanzamt eigentlich, eine Ersatzmarke zu schicken? – in seinem Tagesrudel geparkt, um ein paar ungestörte Musikstunden zu verbringen. Und da Bassplayerman wieder im Arbeits-Orbit verschwunden ist, gibt sich heute Hofcompositeur als Co-Kritiker die Ehre, dessen Goldene Worte zum Tage lauten: „Osnabrück – musste mal hingehen. Ist so groß wie Neukölln, ist aber nicht Neukölln“. Und trotz dieser Weisheit wird mir selbst im angetrunkenen Zustand und zu später Stunde bewusst, dass es eigentlich recht fies ist, immer Leute vom Fach mitzunehmen, die ihre bösen Zungen schon wetzen. Andererseits muss damit leben, wer sich den Kritiker ins Haus holt.

Der Abend wird eröffnet von Singer-Songwriter-Pop-Elfchen Diane Weigmann, an deren Mädchen-versteckt-sich-hinter-Gitarre-und-singt-über-persönliche-Befindlichkeiten-Auftritt das Bemerkenswerteste die Kosmetiktasche im Polka Dot-Look ist, die auf der Bühne herumsteht. Ohnehin hat die Sängerin ein Händchen für Mode. Ausgehend von ihren Fotos hätte ich allerdings eher Fiona-Apple-Musik erwartet; stattdessen höre ich etwas, das – zumindest, was den thematischen und emotionalen Kosmos angeht – an die Berlinerin Anjaka erinnert, würde man dieser die Elektronika wegnehmen. Akustisch bin ich einem interessanten Stereo-Effekt ausgesetzt, da Dianes Freundin direkt hinter mir jedes einzelne Wort mitsingt – ach was, singt: mitjubiliert! Unfreiwillig komisch dann das ebenso unfreiwillig zweideutige „Du versprichst mir den Sommer/ich kann Dir nur Regen geben/viel zu feucht für diese Jahreszeit …“

Es folgt Schmittke im obligatorischen Streifenpulli, der heute im Gegensatz zu seinem b-flat-Auftritt im März, wo er von Bassklarinette und -gitarre flankiert wurde, ganz allein vier seiner schönen Schmittkelieder spielt, die wie immer irgendwo zwischen grenzwertig (Liebe) und cool (alle anderen) oszillieren, kurz: am ehesten als Singersongwriterschlager zu beschreiben sind. Ja, manchmal fragt man sich schon, ob Textzeilen wie „Dein Ohr grinst mich an/es schaut durch Deine Haare“ überhaupt „gehen“! Bei Schmittke gehen sie auf jeden Fall, und man muss diese Lieder einfach lieben – ich zumindest tue es heiß und innig. Hofcompositeur ist sich noch unschlüssig, da ihn Schmittkes zum Stilmittel erhobener Nicht-Gesang beim ersten Song an die ungeliebten Tocotronic erinnert; doch schon beim zweiten Song hat Schmittke auch ihn auf seiner Seite: Den Bordun-Bass auf Das Leben macht Geräusche findet auch der Mann vom Fach cool. Nicht zuletzt ist dieser Song im – wie ich finde für die Schmittkelieder völlig untypischen, für die Solobesetzung aber natürlich optimalen – Liedermacherstil eine Premiere, und ich freue mich, hier eine Klangprobe präsentieren zu können:

Als drittes spielt Schmittke das Lied für mich, und hier wird auch der stilistische Unterschied zwischen b-flat-Auftritt und heutiger Kleinstbesetzung eklatant: War dieser Song im März noch ein großer Lacher, kommt er heute ungeheuer melancholisch daher; die damalige treibende Energie ist einer depressiven Grundstimmung gewichen, statt des hedonistischen nur-für-mich-Aspekts dominiert heute jener Teil des Liedes, wo, Textzitat, „mit Mollakkorden rumgedealt“ wurde – gewissermaßen Lied für mich in Slow Motion, aber schön. Aus seiner Tristesse wird das Publikum von Song Nummer vier gerissen, Verlieb Dich, dessen Refrain sich zumindest in der Live-Version innerhalb einer Quarte bewegt – jenem Intervall, welches jeder von dem Türschließsignal der S-Bahn bzw. jeder Polizei- und Feuerwehrsirene kennt – und ergo eine angenehm alarmierende Wirkung hat. Gern würde ich mit diesem Lied den ganzen Sommer über Fahrrad fahren, den Fahrtwind im Haar, den Fernsehturm vor Augen und den wunderbaren Imperativ Verlieb Dich im Ohr. Ähnlich geflasht hat mich bislang nur 2Raumwohnungs 36 Grad, mit dem ich ganze zwei Sommer lang Fahrrad gefahren bin.

Ähnlich einprägsam und mit jedem Hören schöner ist nur noch Mittendrin (ja, das ist das mit „Wimperntusche, Futterneid“ und den „edlen Stoffen und schönen Mustern, die sich über kurviges Gebiet spannen“ aus dem b-flat!), welches Schmittke heute zwar nicht spielt, man sich aber auf seiner Soundcloud-Präsenz anhören kann – wie auch sieben andere Schmittke-Lieder, die in der Studio-Version noch dazu extrem gut produziert sind. Die Schmittkelieder brauchen einfach die größere Besetzung, dann machen sie wirklich froh.

Da erst einmal alles um- und eingestöpselt werden muss, bietet der angekündigte Auftritt von Hans Rohe & die Felsenschrippe Gelegenheit zum um-die-Ecke-Gehen, das hier recht eigentlich ein die-Treppe-runter-Gehen ist. Dann ist die vierköpfige Formation, die mit einer weiblichen Bassisten einen heutzutage leider immer noch seltenen Anblick bietet, erst einmal eines: laut. Ansonsten schwelgen die vier in Popzitaten irgendwo zwischen La Boum-Soundtrack, den Stones und Pink Floyd, wobei das Lied über die polyphone Achterbahn schon nicht mehr als „inspired by Pink Floyd“ durchgeht, sondern vielmehr reinrassiges Echoes-Cover ist. Spätestens bei Dorothea leide ich dann sehr und begrüße einmal mehr das Konzept des Abends, welches den Künstlern nur Raum für vier bis fünf Songs lässt.

Labrador aus Dänemark dann sind schlichtweg großartig. Und nein, nicht nur wegen des Namens, der jeden Hundehalter entzücken muss. Man sagt es als Landsmännin der drei vorangegangenen Künstler ungern, aber der Qualitätssprung zu Labrador, diesem bleiben, rothaarigen Riesen mit Tom-Waits-Hut, ist – Schmittke ausgenommen – ganz enorm. Mittlerweile neige ich dazu, meinen Interviewpartnern aus Skandianvien und Dänemark zu glauben, dass dort tatsächlich „something in the water“ ist, das diese Menschen unglaublich gute Musik hervorbringen lässt.

21. Mai 2011

Handyfotos aus dem Untergrund: Major Parkinson spielen im White Trash

Filed under: Klangblog — Schlagwörter: , — VSz | Klangverführer @ 09:43

Der Deal war überaus Klangverführer-freundlich: Bassplayerman bekommt ein Plätzchen auf der Gästeliste und damit die Möglichkeit, seine dunkle Metalhead-Seite auszuleben, ich bekomme ein Tofu Masala und die Getränke des Abends. Auch der musikalische Unterhaltungsteil war Klangverführer-freundlich, selbst wenn böse Zungen – okay, eine böse Zunge in Gestalt von Bassplayerman – behaupten, Major Parkinson seien eigentlich nur eine Speed-Metal-Band, denen jemand ein paar Popsongs geschrieben und sie auf die Bühne gestellt hätte.* Tatsächlich höre ich hier aber mehr Hardrock als Metal; Major Parkinson grooven einfach zu sehr, um eine reine Metal Band zu sein. Da ist zu viel Polka, zu viel Ska, schlicht: zuviel Rhythmus irgendwo ganz unten in ihrer Musik, wobei „zu viel“ hier im durchweg positiven Sinne zu verstehen ist!

Nimmt man Everlast – und ich meine nicht den jüngsten, à la Cat Stevens zum Islam konvertierten Everlast, sondern den Everlast aus guten alten House of Pain- und Eat at Whitey’s, Whitey Ford Sings the Blues bzw. White Trash Beautifu-Zeiten – und paart ihn mit Guns N‘ Roses, die irgendwann Anfang der Neunziger ja verlautbaren ließen, dass sie keine Metal-Band seien, sondern recht eigentlich Hard Rock auf einer R’n’B-Basis spielten, und fügt dem noch eine gute Prise Lordi – ja, die irren Finnen, die 2006 den Eurovision gewonnen haben – hinzu, dann ist man Major Parkisnon schon ziemlich dicht auf der Spur.

Die schrecken nicht mal davor zurück, Leonard Cohens Hallelujah zu covern; und ich weiß nicht, ob ich dem Sänger meinen Bierbecher an den Kopf werfen und lauthals „Sakrileg!“ brüllen oder ob ich das total genial finden soll. Wer mir von diesem Song einen Mitschnitt, ob als Video- oder Audio-Datei liefert, hat einen CD-Wunsch frei – ich konnte ihn leider nirgendwo im Netz finden. Von dem Abend habe ich nur ein par Handyfotos gemacht:

Mal ganz der Major, mal Working Class Hero: der immer wieder in wilde Zuckungen verfallende hünenhafte Sänger von Major Parkinson mit der bemerkenswert rauhen Stimme irgendwo zwischen Tom Waits und Faith No More – oder anders ausgedrückt: zwischen Rock und Psychose, Schönheit und Groteske, Zirkus und menschlicher Zwiespältigkeit. Eine großartige Show, ach was, Show: ein großartiges Spektakel mit Musikern, die allesamt etwas können. Und das Mac Book auf der Bühne darf natürlich auch nicht fehlen … Die beiden bislang auf Waggle-Daggle/Broken Silence erschienenen Alben, Major Parkinson (2009) und Songs From A Solitary Home (2010) machen auch großen Spaß, aber diese irren Norweger muss man einfach live erlebt haben!

Major Parkinson wurden von der Produzentin Sylvia Massy (u.a. Red Hot Chili Peppers, Johnny Cash) auf Myspace* entdeckt und zu ihrer neuen Lieblingsband auserkoren. In Massys RadioStar Studios in Los Angeles ist dann auch das Debütalbum entstanden, von der Presse als „krude Mischung aus Mr. Bungle, QOTSA und Tim Burton“ gelobt. Das ist schräg; und live machen Major Parkinson auch keine Gefangenen. Ein großes Dankeschön an Waggle Daggle: Nicht nur Sylvia Massy hat jetzt eine neue Lieblingsband.

* Böse Zunge by Bassplayerman, die Zweite: Wir reden über soziale Netzwerke, ich will etwas zu Myspace sagen, komme aber nicht auf den Namen. Frage: „Wie heißt noch mal das mit M, was früher für Musiker so wichtig war?“ – Bassplayerman: „Musik?“

10. Mai 2011

Über Wikipedia, die dunklen Seiten der Menschheit und die Mixtapes ihres Vaters: Sängerin Susanne Sundfør im Klangverführer-Interview

Filed under: Klangblog — Schlagwörter: , , , — VSz | Klangverführer @ 17:02

Der vergangene Sonnabend war bis jetzt *der* Konzerttag des Jahres:
Da rockten mal wieder die Cosmonautix das Haus 13 im Pfefferberg,
Ben L’Oncle Soul gab sich im Postbahnhof die Ehre und die norwegische Sängerin Susanne Sundfør spielte in einem meiner Lieblingsclubs – dem Frannz. Und was habe ich an diesem wunderschönen 7. Mai gemacht? Renitente Hundetiere gehütet. Nein, Kopfhörerhund ist selbstverständlich kein renitentes Hundetier. Was unseren Gast, einen doppelten Jagdhund – doppelt in dem Sinne, dass er ein Mix aus Weimaraner und Deutsch Kurzhaar ist – angeht, hüllen wir uns in vornehmes Schweigen. Trotzdem mag ich den Stinker irgendwie. Und Susanne Sundførs Musik konnte ich bereits bei einem kleinen, aber sehr feinen Akustik-Showcase im letzten Monat kennenlernen. An jenem Sonntag stand mir die junge Künstlerin außerdem Rede und Antwort im Klangverführer-Interview.


Das Getier hat sich schon mal hingelegt …

Als sie mir so gegenübersitzt, merke ich: Sie ist wirklich noch sehr jung. Es gibt ja Medienprofis, die lassen gar keine Gesprächspause aufkommen. Die wissen, wie sie von einer Frage geschickt auf jene Themen überleiten, die ihnen wichtig sind. Susanne Aartun Sundfør beantwortet nach intensivem Nachdenken mit leiser Stimme genau die Fragen, die man ihr gestellt hat. Nicht weniger, aber auch keine Silbe mehr. Fast kleinmädchenhaft schüchtern wirkt sie; zur moralischen Unterstützung hat sie sich einen (ihren?) Freund mitgebracht. Nein, ins Plaudern gerät man mit Susanne Sundfør ganz bestimmt nicht. Im Gegenteil: Noch nie war ich so schnell mit einem Interview fertig. Und habe trotzdem alles erfahren, was ich wollte. Und das eine oder andere überraschende Detail, wie beispielsweise Sundførs Vorliebe für Dubstep, konnte ich ihr dann doch noch entlocken. Nicht zuletzt weiß ich jetzt endlich, wie man den norwegischen NuJazzer Bugge Wesseltoft ausspricht …

The singer who is not the “Norwegian Björk” on her yen for vintage music, the ugliest parts of humanity and Wikipedia

Klangverführer: The Brothel is your first album which will be released outside of Scandinavia. How do you feel about this?

Susanne Sundfør: Very excited. In May we’re going on tour with Thomas Dybdahl, we’re supporting him in Germany and France, so that’ll be my first tour outside Norway – so everything is very… like, open … and exciting!

So what kind of expectations do you have?

I don’t know! I try to be just very open about it and not really expect that much! But of course I hope that I get to play a lot in Germany and in the rest of Europe.

Germany is planned from the 6th to the 11th of May. Which other countries will you play in?

Well, I think Grönland [editor’s note: Sundfør’s record label] has a … I think they have a licence deal with France, Spain and Portugal, and then look. So I think the album will be released in all these countries at once … or at the same time as in Germany …

20th of May, I think …

I actually don’t know! I’m supposed to know this …


Der Whiskey Room im Hotel Michelberger. Coole Location …

Well, music from Norway, especially Jazz, has reached enormous popularity and became a major force in the so-called Nu Jazz. Especially the combination of sweet melodies with electronic sounds seems to be characteristic for modern Jazz sounds coming from Norway – just thinking of artists like Bugge Wesseltoft. Do you regard yourself as a part of the contemporary Norwegian Jazz scene?

No, not really. I don’t really do Jazz music. I consider myself as a pop musician, but on this album I worked with a Jazz musician, with Lars Horntveth. He is known for his work for Jaga Jazzist. So I guess a lot of Jazz elements on the album are from him. But I don’t really consider myself part of that movement.

Even though you are not part of this fast-selling label – your album seems to have the same success like Norwegian NuJazz. Do you have any explanation for this?

In Norway? It’s really gone very well in Norway. I don’t really know why. To me it’s very surprising because I thought when we recorded the album I wouldn’t get that much airplay … that they wouldn’t play the music on the radio and that it would be an album that people wouldn’t really notice. But for some reason they did – which is extremely flattering nice, but I don’t really know why. It’s very nice.

One of your compatriot musicians used to say that there must be something in the water …

Oh, okay, I’m gonna say that next time!


… coole Frau!

Well, alright. When I listen to your album I sense you display a great variety of styles, there is Jazz, there are a capella choirs, there are Electronica, pop beats and even chamber music arrangements. How would you describe the style of your music?

I would say it’s Pop and Electronica, in a way. But on this album, there are very many different elements. But generally – like, with the melodies and the way I sing the melodies and how many of the songs are arranged – like, the core of the album is very pop-ish, if you ask me. Even though there are other elements I would definitely say that it is a pop album with … like, a more edgy pop album. I would say that, yeah.

To me, your album seems to go deeper than a conventional pop record …

Yeah, well, I guess, maybe not lyrically it’s typically pop. You know, the themes aren’t really common in pop music. But I think melodically it’s definitely a pop album.

I understand. You know, critics like to classify everything; they like to pigeonhole music and artists into categories. Unsurprisingly, some of them tend to call you the “Norwegian Björk”.

Oh, really?

Yeah, really. Your German promoter said he’s gonna beat me up if I wrote anything like this …

Oh, cool …

… so I will definitely not refer to you as the „Norwegian Björk“. However, on the English-speaking Wikipedia I have read that you count Beyoncé as one of your biggest influences. In what way did the American R&B singer influence your music?

Well I think maybe that was … like, an interview a long time ago: They asked me what kind of music I like and I said a lot of different music and then I said Beyoncé, because I do think she’s really cool and I really like her music, but I wouldn’t say that my music is … like, very inspired by her music. But I think she’s really cool. But that Wikipedia page is not very accurate in many ways, but I mean I can’t do anything about that but go onto the page and write stuff … but I don’t really agree with much on that page.

So, what would you say: What are your main influences? Are there any artists that have influenced your music at all?

Yeah, absolutely! I guess Radiohead has been very important, and just before I started recording the album I listened a lot to Burial which I really like, and on my fist album – the album before The Brothel – I listened a lot to Carly Simon. Her way of writing melodies and harmonies has really inspired me. So I guess Carly Simon and Radiohead would perhaps be the most important influences on this album.

Well, like you’ve just mentioned, the lyrics on The Brothel are not very common for a pop album. Your lyrics often seem to deal with the dark side of humanity: There is the story about the brothel, of course, but we also have the biblical myth of Lilith, you sing about the black widow spider, about a dark knight and so on. What fascinates you about this topic?

Well, I guess when I started writing the lyrics and tried to figure out what would be the themes and where the focus would be, I found that it was really fascinating to try and write about what is considered to be like ugly or taboo in society and try to make it beautiful, in a way. So I tried to use images that deal with no so pretty things and try to make them pretty anyway. I guess that’s what fascinates me about “dark” things or, you know, the brothel and everything: that it’s a place that is considered as very wrong, everything is wrong and – how do I say it? – like … yeah, “taboo”, I guess. And then try to write about it in a beautiful way. I guess that’s what I tried to do!

Just to gain more social acceptance for these “wrong” places?

No, no – not in that way! It’s not a political album at all. More like trying to find the ugliest parts of humanity and then try to describe them in a beautiful way. Because I like the battle between in a way, those two worlds, if you know what I mean … It’s a bit difficult to explain.

Well, I guess I know what you mean. On your official website I have read that this record marked a turning point in your career and that you have already now decided to dedicate yourself fully to music. You had not been sure until then if you didn’t want to have a “normal” job rather. Which would you have done if you hadn’t become a fulltime musician?

I think I would have probably become a teacher and I would have probably studied a language because I think that’s very interesting. Or maybe I would have become … somebody who gives singing lessons, something like that. I don’t really know. I don’t … It’s a bit scary to think about it because you never know if the next album will be popular or not and then suddenly you’re standing there with no money and then you have to find yourself a work! So, I try not to think too much about that and just focus on being positive and just hope that what I do right now is something I can do for a long time!

You said you have thought about being a teacher – is teaching an aspect of your artistic work?

No. No, not really. But I guess if I couldn’t be a musician that would probably be the profession I would go into.

I see. Two last questions. What can we expect from tonight’s’ show case?

Well, usually I play with my band, and tonight it’s just gonna be me and the piano, or: I’m gonna play the piano. And I think I’m gonna play about 30 minutes, so I will probably play … Well, I haven’t made the set list yet, but I think I’m gonna play a lot from The Brothel and maybe some new stuff.

Will there be any electronic devices, too, or are you trying to substitute the whole band by the piano?

Well, the thing is, when I write the music or when I make the songs, I usually start with just the piano and singing. So I guess I won’t try to put all the elements into the piano. It’ll be just more like a simple presentation of the album.

So we can more or less expect the songs in their demo version?

Yeah, pretty much.

Great! Well, is there anything left you would like to let the German audience know? About you, about your music, about your new album, whatever?

Oh, it is so difficult to answer that question! I don’t know.

Well, maybe “Wikipedia” is the catchword here: You said you don’t really agree with some information on the page. What would you like to correct?

Well, it says that I have a background in Jazz and classical music, which isn’t really … it’s not accurate at all. I used to take singing lessons in opera, so I guess the classical part is correct but I never really had a Jazz background.

So when did you start with your voice lessons?

When I was twelve; and I quit when I finished high school and moved away from my home town. So I guess that’s really been an important part of shaping the way I sing and everything. And also I took piano lessons in classical piano. I guess I started just practising in classical music and then I started writing my own music and tried to combine … like, pop and classics, perhaps.

Influenced also by your father’s cassette tapes, perhaps?

Yeah, when I was a little girl he used to make me mixtapes with artists like Cat Stevens and John Lennon, the Beatles and a-ha … I don’t remember any more, right now, but there were a lot of singer/songwriters, so when I started making music I wanted to write it in that style, so my first album is very influenced by those artists. And then, after that, I started to listen to more contemporary music, and that music inspired me to this record.

What kind of music are you listening to in private at the moment?

I listen a lot to Dub Step. Yesterday I tried to find out where dubstep comes from and had this little tutorial with myself. I found the dub genre, so I think that’s a genre I still wanna check out! And also I listen to … I always like to listen to Knut Nystedt. He is a contemporary composer from Norway. I think maybe he’s dead now [editor’s note: Born 1915, Mr Nystedt still enjoys good health], but he wrote some fantastic choral music. Yeah, that’s what I listen to right now.

Isn’t dubstep rooted somewhere in Reggae or Ragga?

Yeah, because dub comes from Reggae. And also Drum and Bass.

Oh, I like Drum&Bass very much!

Yeah, really?

Yeah, I listen to it a lot. Well, slowly we’re running out of time and I still would like to take some pictures of you fpr my blog, if you don’t mind. So thank you very much for the interview!

Thank you!

Die Stücke Sundførs, die auf der Platte noch am ehesten wie eine Mischung aus Soap & Skin und Agnes Obel klingen, erinnern in der Akustikversion fast schon an John Dowlands elisabethanische Strophenlieder. Und spätestens bei Turkish Delight verliert sich alles jungmädchenhaft Zarte in der Stimme der 25-Jährigen. Die letzten beiden Songs ihres traumschönen Akustik-Sets in der Lounge des Michelberger Hotels können Sie hier sehen: Einmal einen neuen Song und einmal das meiner Meinung nach schönste Lied aus The Brothel – den titelgebenden Song.

The Brothel erscheint in Deutschland am 20. Mai bei Grönland/rough trade. Außerdem wird es die „Platte des Monats“ der nächsten Victoriah’s Music auf fairaudio.de

5. Mai 2011

Tanz in den Mai mit der neuen Victoriah’s Music

Filed under: Klangblog — Schlagwörter: — VSz | Klangverführer @ 08:06

Ich weiß nicht, wie Sie es damit halten: Gehören Sie zu jenen, die sich alljährlich zum Neujahrsbeginn vornehmen, mit dem Rauchen aufzuhören, sich gesünder zu ernähren und mehr zu bewegen? Diese Menschen muss es wohl geben, denn nie sind die Fitnessstudios voller als im ersten Jahresdrittel, nie werden mehr Jogger gesichtet. Ich selbst bekomme erfahrungsgemäß erst mit den länger werdenden Tagen und im Angesicht der endlich wieder scheinenden Sonne einen Bewegungsflash. Wobei „Flash“ das richtige Wort ist, denn er klingt zumeist ebenso schnell ab, wie er gekommen ist. Denn im Grunde genommen bin ich ziemlich faul. Ohne treibende Musik bin ich über längere Zeit nicht zu motivieren, auch nur in den Sportschuh zu steigen.

Damit stehe ich nicht allein da: Sportpsychologische Studien haben erst unlängst wieder gezeigt, dass man sich mit lauter Musik beim Training wacher, energiegeladener, motivierter und euphorischer fühlt, die körperliche Belastung als geringer erlebt und die Trainingszeit subjektiv als kürzer empfindet. Das ist doch großartig: Man glaubt, nur 17 Minuten geradelt zu sein, hat dabei aber seinen 30-Minuten-Soll eigentlich schon längst erfüllt! Egal, ob nun Ihr Neujahrsvorsatz so langsam in Vergessenheit zu geraten droht oder ob Sie wie ich auch eher ein Schönwettersportler sind, hier jedenfalls kommt der perfekte Motivations-Soundtrack. Keine Angst, ich will Ihnen hier keine auf 190 bpm gepitchte Muckibudenmucke andrehen. Vielmehr war ich so frei, den Remix von Bossa Nova Just Smells Funky, unserer „allerletzten Hochsommerplatte“ des letzten Jahres, zweckentfremdet zu testen. Wer also Sport und musikalisches Stilempfinden miteinander kombinieren möchte, hat in dieser Platte den perfekten Trainingsbegleiter gefunden, den man auch beim anschließenden Chill out nicht von der Couch-Kante stoßen muss.

Weiterlesen wie immer auf fairaudio.de. Neben dem Bossa Nova Just Smells Funky-Remix wurden besprochen:

  • Yael Naim & David Donatien, She Was A Boy
  • Danger Mouse & Daniele Luppi, Rome
  • Various Artists, Wave Music Vol. 16
  • Josete Ordoñez, Por El Mar
  • Annett Louisan, In meiner Mitte
  • Taraf de Haïdouks & Koĉani Orkestar, Band of Gypsies 2 und
  • Marla Glen, Humanology
  • 1. Mai 2011

    Heimspiel im Heimathafen: Trio Ohrenschmalz ankert in Neukölln

    Filed under: Klangblog — Schlagwörter: , — VSz | Klangverführer @ 20:38

    Nachdem mich das Trio Ohrenschmalz im Februar bei der Premiere seines Programms Zuviel Appeal nahezu restlos begeistert hatte, wollte ich mir an diesem 29. April die Gelegenheit nicht entgehen lassen, seinem erneuten Heimspiel im Rixdorfer Saalbau, der seit 2009 vom Heimathafen Neukölln betrieben wird, beizuwohnen. Der wunderschöne historische Ballsaal, in dem „die Musike“ seit eh und je, genauer: seit 1899, spielt, ist – wie vor Wochen der Admiralspalast – überausverkauft, sogar die Ränge müssen geöffnet werden, um dem Besucheransturm adäquat zu begegnen.


    Kritiker bei der Arbeit

    Natürlich kann sich Stefan Haberfeld, der wieder den Conferencier gibt, einen einleitenden Scherz zum Tagesthema, der königlichen Hochzeit, nicht verkneifen. Das Flugzeug aus London habe Verspätung gehabt – dort sei er auf „der Hochzeit des Enkels einer Freundin“ gewesen. Eine charmante Erklärung für den leicht verspäteten Beginn der Show, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass diese ausgesucht schöne Spielstätte auch einen Nachteil hat: die nicht ganz so ausgesucht schöne Akustik.

    Uns so will auch, im Gegensatz zur Premiere, wo ich den ersten Teil des Abends als vergnüglicher erlebte als den zweiten, der Funke zunächst nicht so recht überspringen. Das mag, wie gesagt, größtenteils am Ton liegen. Denn daran, dass ich die Pointen schon kenne, liegt es nicht. Ich habe statt des zurzeit irgendwo im digitalen Orbit verschollenen Bassplayermans diesmal zwei ebenso unvoreingenommene wie aufmerksame Hörer als Co-Kritiker dabei, die das Programm noch nicht kennen – und sie teilten meinen Eindruck.

    Dafür entdecke ich neue Nuancen am Programm. Letztes Mal ist mir das Schröder-Beckmann-Stück Man müsste Klavier spielen können (1940) nicht weiter in Erinnerung geblieben; diesmal spielt das Trio Ohrenschmalz toll heraus, dass damals das Klavier jene Funktion hatte, die heute der Gitarre zukommt: Wer sie sich um den Hals hängt, dem laufen die Mädchen hinterher! Gut, um den Hals konnte man sich das Klavier wohl eher nicht hängen …

    Der zweite Teil dann ist im Gegensatz zum ersten ein wahrer Quantensprung. Der Ton hat sich erholt, und das Publikum ist jetzt auch voll dabei, es lacht und leidet mit Hassemer, Haberfeld und Feckl. Schon vom ersten Lied des zweitens Teils an möchte man dem Abend die Facebook-Applikation „Daumen hoch: gefällt mir“ überstülpen: Ich mag diesen Curryhuhn/würd ich tun/Blockflötenquartett mit satten Bässen/kannste vergessen-Song einfach!

    Genial auch immer wieder, wie der Sänger seinen Nebenbuhler in Für A. vorsätzlich ins Verderben rennen lässt, und danach genüsslich-süffisant einen tobenden Charleston intoniert: Liebe hat nicht nur eine Schokoladenseite/sie hat auch eine Eskapadenseite, und die ist aus Eis. Jedesmal bin ich aufs Neue erstaunt, dass dieser Song kein lang verschollenes Original aus den Zwanzigern oder Dreißigern ist, sondern eine Neukomposition von Stefan Haberfeld. Das Lied klingt original wie ein gut achtzig Jahre alter Gassenhauer; und es ist definitiv das Stück mit dem größten Ohrwurmpotenzial des Abends. Meine Begleiter und ich jedenfalls sangen den Heimweg lauthals: Ja, die Liebe! Hat nicht nur eine Schokoladenseite …

    Habe ich bei der Premierenrezension noch bemängelt, dass der zweite Teil von Zuviel Appeal eigentlich nur eine vertonte Große-Jungs-Phantasie ist – jeder der beiden Männer darf einen Bühnentod sterben, der eine am Giftcocktail, der andere durch die Duell-Kugel -, reißt mich diesmal genau dieser Teil zu Begeisterungsstürmen hin. Auch habe ich das Gefühl, dass Angelika Feckl heute weitaus präsenter ist als bei der Premiere. Sehr schön, das! Ich glaube, ich hab’s schon mal geschrieben, aber ich muss mich hier einfach wiederholen: Noch nie habe ich so eine weibliche Geige gehört, die zicken kann, schmollen und schmoren lassen, wie in Lauter Lügen. Übrigens der einzige Song, den ich auf der CD wirklich vermisse.

    Der absolute Höhepunkt des Abends aber ist diesmal das Hollaender’sche Stroganoff. Nicht nur wegen des Showeffekts um den von den Toten wiederauferstandenen Pianisten, der seinen Sänger selbst im Liegen, die Tasten gerade so erreichend, beeindruckend begleiten kann. Ich habe in der Zeit seit der Premiere den Text vom Stroganoff nachgelesen; aber selbst wenn einem bei der Live-Darbietung einige textliche Feinheiten entgehen, ist die Nummer der Brüller im Publikum. Beziehungsweise, das Publikum brüllt. Vor Vergnügen. Es klatscht, trampelt, johlt und schreit.

    Schaffen die drei es doch immer wieder, dass ihre Zuschauer nach der Show völlig aufgelöst und zerzaust sind. Es sind keine Standing Ovations, aber es sind lange und laute Ovationen, mit denen dem Trio ganze drei Zugaben, darunter auch Arm aber sexy, abgetrotzt werden. Auch diesmal gibt man sich „gerührt, aber vorbereitet“. Natürlich sind die drei Routiniers. Aber Routiniers mit ungebrochener Spielfreude. Wehalb man Zuviel Appeal auch ruhig ein zweites Mal sehen kann. Oder ein drittes … Trio Ohrenschmalz hat den Heimathafen nach allen Regeln der Kunst gerockt, das Publikum liegt ihm zu Füßen und es ist dann doch wieder eine rauschende Nacht geworden.

    Nach der Show habe ich die Gelegenheit, Stefan Haberfeld kurz abzupassen. „Die Leute“, beginne ich, „lieben euch. Am liebsten würden sie euch gar nicht mehr gehen lassen – ist das in allen Städten so oder ist Berlin etwas Besonderes?“ Natürlich sei Berlin schon etwas ganz Besonderes, denn schließlich würde die Zwanzigerjahremusik an keinen anderen Ort so gut passen wie an ihre historische Heimat, dennoch wäre das Programm auch in anderen Städten sehr gut angekommen. Auch dort seien die Menschen begeistert gewesen. „Wie fühlt sich das an?“ Natürlich sei es ein großartiges Gefühl, vor allem aber mache es unglaublichen Spaß, verrät Haberfeld. Schließlich sei Zuviel Appeal das erste Mal, dass ein Programm des Trios in eine Rahmenhandlung eingewoben sei. Das sei einerseits schwierig gewesen, da man sich neben der Musik noch auf die Requisiten, kurz: die Rolle, konzentrieren müsse, andererseits helfe einem die Rolle auch. „Nun bildet Eure CD das Programm ja nicht eins zu eins ab – wie sind die Reaktionen darauf?“ Zwiespältig seien sie. Zum einen seien die Menschen enttäuscht, dass auf der Zuviel Appeal-CD nicht das Programm zu hören sei, andererseits merken sie schnell, dass das ja auch gar nicht funktionieren würde. Zuviel Appeal müsse man eben sehen, das Programm lebt nicht nur von der Musik, sondern auch vom Bühnengeschehen. Für mich das perfekte Stiichwort: „Ihr habt mit Die Musik im Tonfilm schon eine DVD gemacht. Plant Ihr, auch Zuviel Appeal als DVD herauszubringen?“ Leider habe man sich als junge Künstler im Moment mit der Produktion der CD finanziell verausgabt, sodass an eine DVD gar nicht zu denken sei. Zudem suche man zunächst einen Vertrieb für die CD, die es im Moment entweder bei den Konzerten oder im Bauchladen des Trios zu kaufen gibt.

    Also, liebe Vertriebler, schlagt zu! Soviel Appeal auf einmal werdet Ihr so schnell nicht wieder bekommen! Und Sie, liebe Leser, gehen in die Zuviel Appeal-Show – in einem anderen Medium bekommen Sie sie nicht. Und weshalb nicht den Besuch beim Trio Ohrenschmalz mit einem Hamburg-Wochenende verbinden? Da nämlich wird sich das Trio am 22. Mai im Café Keese unter dem Motto Ohrenschmalz und Schnauze den Abend mit Kabarettist und Schauspieler Wolfgang Bahro teilen.


    Es war mal wieder ein langer Abend …

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