Ein Mann, ein Hut und eine Gitarre. Thomas Dybdahl entzündet das Licht – klangverführer | Musik in Worte fassen

Ein Mann, ein Hut und eine Gitarre. Thomas Dybdahl entzündet das Licht

Wenn sich ein Kreis schließt – und sei er noch so klein! -, stellt sich ein Gefühl tiefen Wohlbefindens ein. Das mag durch den Reim jetzt nach Kalenderspruch klingen, wird dadurch aber nicht weniger wahr. Kommt der Kreisschließer noch dazu in Gestalt des norwegischen Superstars Thomas Dybdahl, der hierzulande trotz aller Bemühungen meinerseits immer noch dramatisch unterschätzt wird, daher, kennt die Zufriedenheit am Ende des Tages kaum noch Grenzen.

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Es begab sich nämlich, dass ich mir nach einer Vielzahl arbeitsamer Wochen endlich mal wieder einen faulen Sonntagvormittag im Bett gönnen konnte; und wie ich da so zwischen Teetasse, leichter Lektüre und Schmusehund selig vor mich hindümpelte, wurde mir gar vorweihnachtlich zumute – immerhin schrieben wir den Ersten Advent. Da kann es schon mal passieren, dass sich von Ferne eine kleine Melodie in den Kopf schleicht, um sich dort niederzulassen und bei Kaffee und Adventsgebäck gemütlich einzurichten:

„Have yourself a merry little Christmas,
Let your heart be light
From now on,
our troubles will be out of sight

Have yourself a merry little Christmas,
Make the Yule-tide gay,
From now on,
our troubles will be miles away“,

sang es in meinem Kopf, und wie schön das da sang! Eigentlich mochte ich gar nicht aufstehen, hätte dies doch unweigerlich den Zauber gebrochen. Aber immerhin lockte – umsonst und draußen – ein Akustik-Set von Thomas Dybdahl, der auf dem Pariser Platz am Brandenburger Tor beim diesjährigen Lichteranzünden des Weihnachtsbaums, den Berlinern von der Königlichen Norwegischen Botschaft als „glowing symbol of Norway’s friendship“ traditionell zum Geschenk gemacht, den musikalischen Botschafter aus dem Reich der Mitternachtssonne geben sollte – im Vorjahr traf das Los, nicht minder verlockend, die Damen von Katzenjammer. Ach Norwegen, du hast schon tolle Künstler!

Also flugs aus dem Bett gesprungen und im Schlepptau des großartigen Jo_Hannes samt Familie zum Tore gewandert, dem die Massen in der Hoffnung auf Lichterglanz und norwegischen Glühwein bereits ebenso zahlreich wie freudig erregt zuströmten. Kaum angekommen, stand er auch schon auf der Bühne – Thomas Dybdahl, ein Mann, ein Hut und eine Gitarre. Rein akustisch und – abgesehen vom Schellenkranz am Fuß – ohne jegliche Effekte. Und genau hier zeigt sich (endlich wieder!) die Stärke der dybdahl’schen Lieder, die sich auf dem letzten Album hinter der aufgeblasenen Produktion versteckt hielt, denn Starproduzent hin wie her – Thomas Dybdahl braucht das alles nicht. Dem kann man eine alte, sich in der Kälte permanent verstimmende Klampfe um den Hals hängen und ihn seiner Backingband berauben – sein irgendwo zwischen Curtis Mayfield und Maxwell flackerndes Falsett strahlt umso heller. Und seine Kompositionen, derart entkernt, treffen mitten ins Herz, falls man, um die Kollegen von Max zu zitieren, eines hat.

Und genau da kommt auch das kleine Weihnachtslied wieder ins Spiel, denn Dybdahls sechs-Stücke-Set endet mit einer echten Premiere: Zum ersten Mal in seiner Karriere spielt er ein Weihnachtslied. Und welches hat er sich ausgesucht? Der Mann hat eben nicht nur göttliches Talent, sondern auch noch Geschmack.

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