12. Januar 2014

Warnung vor dem Buche

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Den heutigen arbeitsfreien Tag möchte ich nutzen, vor einem Buch zu warnen: dem 2008 im Komet-Verlag erschienenen „DDR Rock & Pop“ von Bernd Lindner. Bücher, deren Autoren auf die Nennung ihrer akademischen Titel bestehen (wie hier im Impressum), waren mir seit jeher suspekt. So auch dieses – und das zu recht. Ich habe es in den letzten zwei Tagen gelesen, da ich selbst kein Experte für DDR-Popgeschichte bin und mich auf diesem Gebiet fortbilden wollte. Diesen Zweck erfüllt das Buch.

Unterminiert wird dieser im Grunde erfreuliche Umstand jedoch von der krassen Diskrepanz zwischen Inhalt und Form. Lindner kann nicht schreiben. Ein Lektor, der nicht nur pophistorisch bewandert, sondern auch der korrekten Handhabung der deutschen Sprache mächtig ist, hätte dem Buch bestimmt nicht geschadet. Nicht nur, dass auf den Genitiv selbst da verzichtet wird, wo er zwingend erforderlich ist – auch bei Dativ und Akkusativ hapert es, End-Ns und -Ms werden wild durcheinandergeworfen, Präpositionen nach Belieben verteilt oder unterlassen. Die Zeichensetzung ist, vorsichtig ausgedrückt, abenteuerlich, wobei das Hauptärgernis die inflationäre – und falsche – Verwendung der Kommata ist. Im Lindner’schen Duktus wäre „das Hauptärgernis, die inflationäre Verwendung“. Mich schüttelt es. Schön finde ich persönlich den Geviertstrich anstelle des Gedankenstrichs, der mir in einem modernen Musikfachbuch schon lange nicht mehr begegnet ist. Weshalb man ihn allerdings auch (samt Leerzeichen davor und danach) zur Worttrennung verwenden muss, bleibt Lindners wohlgehütetes Geheimnis. So zum Beispiel werden aus „Beat-LPs“ da schnell mal „Beat – LPs“, die dadurch eine ganz neue philosophische, leider aber auch unpassend belustigende Dimension erhalten. Habe ich nicht erst neulich irgendwo gehört, dass, wer so etwas treibt, auch Schafe schändet und Hundewelpen schlägt? Eben.

Wissenschaftlich unsauber und vor allem stilistisch unschön ist auch Lindners Einführung von Abkürzungen. Schreibt er beispielsweise, dass die Zeitschrift „melodie & rhythmus“ fortan als „m&r“ im Text auftritt, ist sie schon Seiten zuvor unter diesem Kürzel aufgetaucht. Unsicherheit herrscht auch bei der Verwendung von Fachwörtern. Wo sich Lindner nicht zwischen „instrumental“ und „instrumentell“ entscheiden kann, wird schnell mal ein „instrumentall“ erfunden. Dass er die AMIGA-Reihe „musikalische Monatsschau“, obgleich das nebenstehende Bildmaterial eine deutlich andere Sprache spricht, konsequent als „musikalische Monatsvorschau“ bezeichnet, zeugt von mangelnder Detailliebe, die sich – bei aller Liebe zur Sache an sich – leider durch das gesamte Buch zieht. Lindners Angewohnheit, zitierte Autoren als „Herrn“ X zu bezeichnen, kratzt an der Grenze des stilistisch Zulässigen – und zwar von der falschen Seite.

Nicht zuletzt verärgert es, dass alle Exkurse auf farblich grob gerastertem Hintergrund wiedergegeben sind – Augenkrebs garantiert. Selten hat es mich, schon rein optisch, so angestrengt, einen Text zu lesen. Linders durchaus hehres Bestreben aufzuzeigen, dass es eine eigenständige Rock- und Popgeschichte in der DDR gegeben hat, entwertet sich dadurch selbst. Schade. Und, da man es so leicht hätte vermeiden können: Unnötig.

29. Juni 2013

Die Deästhetisierung des Jazz – Superhelden zum Anfassen

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Ohne die Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst wäre die Welt um einige schöne Dinge ärmer. Beispielweise gäbe es Ihren Lieblingsklangblog nicht, denn schließlich haben sich meine Eltern als hoffnungsfrohe junge Studenten dort kennen- und liebengelernt. Keine Eltern = kein ich = kein Blog. Das wäre schade. Ohne die Leipziger gäbe es aber auch eine andere schöne Sache nicht, nämlich die American Jazz Heroes. Besuche bei 50 Jazz-Legenden von GHGB-Leipzig-Absolvent Arne Reimer. Und das wäre dann wirklich schade, denn in diesem Buch gelingt dem Fotografen nichts Gerinegeres als der Bruch mit der vornehmlich auf Stil und Eleganz bedachten, rauschschwadengeschwängerten Schwarzweißästetik der herkömmlichen Jazzfotografie. Herausgekommen ist ein Buch, das kein Zeug zum Couchtischbuch hat, denn Ppralle anderthalb Kilo Jazzgeschichte der Gegenwart warten hier darauf, gesehen, gelesen und (nach-)gehört zu werden.

Cecil_Taylor__credit_Arne_Reimer

Und obgleich ich mit diesem Begriff sonst eher vorsichtig umgehe, muss ich Vorwortschreiber Roger Willemsen unbedingt zustimmen, wenn er davon spricht, es sei an der Zeit, den Jazzmusiker „wahrhaftiger“ zu sehen. Bei Reimer besticht der Anspruch an eine größere Wahrhaftigkeit durch den Charme des Alltäglichen. Da drängt sich schon mal das ein oder andere ästhetisch fragwürdige Möbelstück ins Bild, das frisch getrimmte Haustier samt hühnerfüßigem Bringsel, das ungemachte Bett inklusive aktueller Bestsellerschmöker, die dann doch sehr private Nippessammlung oder das Renovierungszubehör samt Umzugskartons – und ganz groß: das mit allerlei Elektroden verkabelte, akkupunkturnadelgespickte Skelett von Milford Graves, Teil einer kompletten Laborausstattung, die sich der heilenden Wirkung von Musik widmet. Der Jazzer an sich in seinem natürlichen Habitat – das ist eben auch nur ein ganz normaler Mensch, der sein Fahrrad im Wohnzimmer stehen hat und Kühlschrankmagnete mag.

Neugierig geworden? Die ganze Buchrezension finden Sie auf fairaudio.de, wo Sie eingeladen sind, einen sich fast unerlaubt anfühlenden Blick in die Wohnzimmer all jener berühmten Sidemen zu werfen, die Musikgeschichte geschrieben haben. Diese Privatheit entmystifiziert – stellt aber nie bloß. Eine Gratwanderung, die hier mit traumwandlerischer Sensibilität gelungen ist.

Jazz_Heroes_cover_

16. Juni 2012

Die Soulqueen zwischen Buchdeckeln – eine tierische Lektüre bedarf einer tierischen Lektürehilfe

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Schon die letzte Ausgabe von Victoriah’s Music beschäftigte sich mit der Queen of Soul, und immer noch kann ich nicht von ihr lassen, denn schließlich muss jemand, der es geschafft hat, dass sein Ehrentitel wie selbstverständlich in den popkulturellen Kanon eingegangen ist, diesen vermutlich zu recht tragen. Diesmal wandere ich gemeinsam mit Popbuchautor Mark Bego auf den Spuren des Phänomens Aretha Franklin – und zwar im Rahmen einer Rezension der von ihm verfassten Biographie „Aretha Frankling. Queen of Soul“, die gerade in der Reihe edel Rockbuch eine um einige Kapitel ergänzte Neuauflage erlebt.

Weshalb das Buch mehr Disko- denn Biographie ist, was daran freut und was außerordentlich stört und weshalb ich dieser sensiblen Festschrift eine würdigere Verpackung gewünscht hätte, steht hier auf fairaudio.de. Viel Spaß beim Lesen der Buchrezension – und dann vielleicht auch bei der Lektüre des Buches selbst.


Wurde mir am Wochenende nach Kopfhörerhunds Beerdigung zum Trost geborgt – und machte seinen Job ganz hervorragend: Lesehilfehund Pogo

9. März 2012

Das schwere Buch vom schwarzen Mann: Victoriah’s Music erstmals mit Buchkritik!

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Am 26. Februar 2012 wäre Johnny Cash achtzig Jahre alt geworden. Dies wurde vom Verlag Edel/Rockbuch zum Anlass genommen, die Autobiographie „Cash“, die der Sänger 1997 mit Hilfe des renommierten Country-Journalisten Patrick Carr verfasst hat und die erstmals 2003 (deutsch: 2004) erschienen ist, in einer großformatigen Neuauflage herauszubringen. Die ist irgendwie seltsam: nicht Fisch, nicht Fleisch, aber allemal – auch für Nicht-Fans – interessant, denn sie ermöglicht ein anderes Hören der Cash-Songs, ein Neuhören, ein Hören unter neuen Vorzeichen. Leider ist die Neuauflage aber auch absolut unhandlich, was Größe und Gewicht betrifft, die eher einem Bildband angemessen wären als einem textlastigen Buch. Die grundlegenden Eigenschaften eines Buches – beispielsweise umblättern mit einer Hand, während die andere das Buch festhält -, sind hier schlichtweg nicht gegeben. Aber, wie es ein Freund von mir so treffend beschrieb: Das physische Gewicht des Buches ist eine Analogie zu seiner inhaltlichen Gewichtigkeit. Die altersmilde Abgeklärtheit Cashs kann für den Leser zu einer Hand auf der Schulter werden, die ihm signalisiert: alles wird gut – irgendwann.

Zur Buchbesprechung geht es hier.

16. August 2011

Nichts für (N)Ostalgiker. Andrej Hermlin liest aus seiner Autobiographie

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Manchmal lohnt es sich, einen Hundesitter zu haben, der an der Grenze von Weißensee und Lichtenberg wohnt. Hole ich Kopfhörerhund ab, kann ich einen Blick in den die-Hausverwaltung-informiert-ihre-Mieter-Kasten werfen, der – verglast und sicherheitsverschlossen – allerlei Zettelkram der Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg enthält, von Tipps zum richtigen Lüften der Loggias übder einen Gardinenaufhängeservice des Hausmeisters. Und so manches mal verirrt sich ein Aushang der benachtbarten Anton-Saefkow-Bibliothek in den Glaskasten. Dort gibt es nicht nur viele schöne Bücher, sondern auch allerlei schöne Veranstaltungen. Nicht ohen Grund bekam die Stastteilbibliothek in diesem Jahr den vom Deutschen Bibliotheksverband und der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius verliehenen Titel „Bibliothek des Jahres“ zugesprochen – als „unverzichtbarer Ort im Stadtteil“. Und tatsächlich gelingt den Organisatoren hier oft das Unmögliche: gefragte Künstler, die nicht gerade für klaffende Lücken in ihrem Terminkalender bekannt sind, für einen verschwindend kleinen Obulus einem Publikum zugänglich zu machen, die sonst keine Chance auf eine Begegnung mit ihnen hätten.

Kein Wunder, dass auch die Lesung von Andrej Hermlin im Nu ausverkauft war. Als Privatperson bin ich nicht mehr an Tickets gekommen, also musste ich die Pressekarte ausspielen, wenngleich ungern. Kaum etwas ist mir so zuwider wie Kollegen, die sich mit Notarztstimme à la „Lassen Sie mich durch, ich habe einen Presseausweis!“ Zutritt zu jedem Event verschaffen. Hermlin indessen musste sein, denn schließlich eröffnete der Bandleader das musikalische Jahr im Klangblog mit einem wahren Klangkrimi – der Jagd nach seiner aktuellen CD Schwingende Rhythmen – Swing aus der Friedrichstraße.


Das war sehr nett. Und hat die Arbeit erleichtert.

In Hermlins im März beim Aufbau Verlag erschienenen Autobiographie My Way geht es trotz des bei Sinatra entlehnten Titels nicht um Musik, oder zumindest nicht vorrangig. Vielmehr geht es um die Kindheitserinnerungen des 1965 Geborenen, der sicherlich alles andere als eine typische DDR-Kindheit erlebt hat. Andererseits: Wer auch aus deutsch-osteuropäisch-jüdischer Künstlerfamilie stammt, findet sich in Hermlins Erzählungen schnell wieder. Ohnehin ist Erzählung das Stichwort des Abends, denn Andrej Hermlin erweist sich als überraschend guter Erzähler und als noch besserer Vorleser. Auch dem Autor merkt man den routinierten Entertainer an. Störungen wie das Klingeln eines Handys kommentiert er professionell mit „Gehen Sie ruhig ran – es könnte wichtig sein“, womit er die Lacher erwartungsgemäß auf seiner Seite hat. Auch für eine Lesung ist es eben hilfreich, schon das eine oder andere Mal auf einer Bühne gestanden zu haben. Hermlins Vortrag ist nuanciert, fast schon wie der eines Schauspielers. Unwillkürlich fragt man sich, ob man My Way ebenso genösse, fiele diese Stimme weg. Als erklärter Hörbuchhasser wünsche ich mir zum ersten Mal in meinem Leben ein Hörbuch (falls My Way nicht als Hörbuch erhältlich ist: lieber Verlag, bitte dringend herausgeben). Hermlin hat eine einschmeichelnde Stimme.

Andrej Hermlin beginnt seine Lesung mit Erinnerungen an knatternde Motorräder, Gaslaternen und Kohlekeller, an Pferdehufgetrappel, Schiebermützen und Straßenbahnoberleitungen. Bei soviel Zeitkolorit dürfte jetzt selbst der Letzte begriffen haben, in welchem Jahrzehnt wir uns befinden. Sehr hübsch die Weihnachtsszene, die sich jedoch bis auf den Umstand, dass es im Hause Hermlin eine Haushälterin gab, nicht groß von den erwartungsvollen Adventstagen eines wohl jeden Kindes unterscheidet. Hübsch die Auflistung der internationalen Versammlung am Tisch, die russische Mutter, der jüdische Vater, die „Promenadenmischung“ Hermlin, der Spielzeugtraktor aus DDR-Produktion und die von der Haushälterin liebevoll zubereitete polnische Pute. Spätestens jetzt kann ich mir gut vorstellen, dass My Way selbst dann eine vergnügliche Lektüre ist, wenn man nicht in den Genuss des Vorlesens durch den Autor kommt.

Über eine Szene aus dem Heimatkundeunterricht arbeiten wir uns zur Armeezeit Hermlins vor. Für das allzu menschelnde Kapitel über den NVA-Vorgesetzten Klotz gibt es sogar Szenenapplaus. So etwas mögen die Leute. Für meinen Geschmack wird hier – zum ersten, aber nicht zum letzten Mal an diesem Abend – die Grenze zum Pathos haarscharf gestreift – und das von der falschen Seite. Schade, denn Hermlins sicherlich Stoff genug bietendes „Leben zwischen den Welten“ (so der Untertitel des Buches) hätte rhethorische Effekthascherei nicht nötig. Auch im Kapitel über die Großeltern und deren Erlebnisse im Russland des Zweiten Weltkrieges verändert sich der Ton nicht. Mag es Hermlin auch darum gehen, ein Fanal gegen den Verrat zu setzen – weniger weäre mehr gewesen, denn auch hier drückt der Autor auf die Tränendrüse, indem er der dramatischen Geschichte eine leichte Tendenz zum Pathos verleiht. Dem Publikum ist das egal, es klatscht.

Wir verlassen das schwierige Gebiet, wo ein Erwachsener einen anderen Erwachsenen (und sei dieser auch aus seiner eigenen Familie) beurteilt und werden wieder in die Kindheitserinnerungen Hermlins entführt. Die Sprach spiegelt hier die Begeisterungsfähigkeit des sympathischen Jungen – und endlich erwähnt Andrej Hermlin auch sein musikalisches Erweckungserlebnis, das im Hören einer Benny-Goodman-Platte bestand. Obwohl er erst ungefähr zehn Jahre alt gewesen sei, habe er sofort gewusst, dass dies der Klang war, nachdem er gesucht hatte. Hermlin erkannte sich in Goodmans Musik wieder. Hier fühlte er sich zu Hause.

Der Junge Andrej Hermlin träumte von seinem eigenen Swing-Orchester, das die Musik Benny Goodmans für die Jetztzeit bewahrt – denn schon damals war recht klar, dass sich Hermlins Altersgenossen für gänzlich andere Musik interessierten. Hermlin hingegen gerät auch heute noch ins Schwärmen und spricht von einer „glorreichen Zeit“, wenn er an die Swing-Ära denkt. Bezeichnenderweise klatscht hier niemand. Die Menschen sind nicht wegen der Musik hier. Eigentlich seltsam, wenn man bedenkt, dass es sich um die Lesung eines Musikers handelt.

Persönlicher wird Hermlin wieder bei dem Kapitel über seine Kinder Laura, David und Rachel. Die 15-jährige Laura ist anwesend, die beiden kleineren (Halb-)Geschwister werden im Buch ausreichend gewürdigt, inklusive ihrer an Tom & Jerry erinnernden Streitigkeiten, denen Hermlin und seine Frau mit dem Stoßseufzer aller geplagter Eltern gegenüberstehen: Was haben wir da nur für Kinder hervorgebracht! Eigentlich ein schöner Ausblick, doch auch hier vermag der Autor nicht auf ebenso voraussehbare wie applausheischende Stilfiguren zu verzichten. Die Rechnung geht auf, das Publikum applaudiert. Abgerundet wird die Lesung durch ein recht düsteres Kapitel, das 2007 in Nairobi spielt und mit der Verhaftung Hermlins am Flughafen endet. Leider lässt Hermlin auch hier kein Klischee à la „die Zeit ist ein Heiler“ aus.

Glücklicherweise wird in der an die Lesung anschließende Fragestunde sehr schnell klar, dass es dem Musiker mitnichten darum geht, sich als Gutmensch zu positionieren. Ja, er hat in einem Dorf in Kenia Straßenbeleuchtung installieren lassen, einen Spielplatz gebaut und für eine funktionierende Müllabfuhr gesorgt. Dennoch ist dies hier nicht die übliche Promi-tut-Gutes-und-redet-darüber-Masche. Auch wenn ab und an der Heiligenschein durchschimmert, ist Hermlins Engagement glaubhaft. Schließlich ist es aus dem wohl persönlichsten Betroffensein überhaupt entstanden: der Liebe. Und als durchweg politischem Menschen blieb Hermlin nahezu keine Wahl, sich zum Botschafter von Missständen zu machen, die man hier eben nicht von den Nachrichten präsentiert bekommt.

In der Tat wurde es ein sehr politischer Abend, wenngleich anders, als vom Publikum antizipiert, das wohl vor allem ob der versprochenen Erinnerungen an die DDR-Zeit hier ist. Spätestens der Diskussionsteil des Abends steht ganz im Zeichen der aktuellen Problematik Afrikas im Allgemeinen und Kenias im Besonderen. Es geht um die Verteilung von Reichtum und um fehlende Sozialsysteme. Bei uns, so Hermlin, übertünchten die Sozialsysteme den Kapitalismus. „Wer erfahren will, wie Kapitalismus wirklich ist, muss nur mal nach Kenia fahren: Wer da kein halbes Jahresgehalt aufbringen kann, wird nicht einmal ins Krankenhaus hineingelassen und stirbt noch in der Notaufnahme!“ Menschen, so Hermlin weiter, stürben hier nicht an Krankheiten. Sie stürben an Afrika. Hoffnung indessen, dass sich etwas ändert, hat er kaum. Die kenianische Politik, die sei wie ein Dieter-Wedel-Film mit den immer gleichen Schauspielern und jeweils anderen Plots. Natürlich gäbe es eine relative Demokratie und Pressefreiheit, für die man sich damals in der DDR den linken Arm abgehackt hätte, doch habe all dies keinen Effekt. 2007 hätte unter Raila Odinga, dem „Nelson Mandela Kenias“, ein großer Umbruch geschehen können, doch wurden die Wahlen massiv gefälscht, die Macht geteilt. „Stellen Sie sich vor, eine Machtteilung zwischen Erich Mielke und Bärbel Bohley – das wäre auch nicht gut gegangen“, verdeutlicht der Entertainer mit einem Bild, mit dem das anwesende Publikum etwas anfangen kann.

Kenias Dilemma seinen die alten Machtstrukturen, wenngleich man nicht alles auf die Folgen des Kolonialismus schieben könne. Schließlich wurden die weißen Eliten schon vor Jahrzehnten von schwarzen Eliten abgelöst, und diese seien an der Aufrechterhaltung des Status Quo interessiert; und durch mangelnde Bildung und das Ausspielen der verschiedenen Stämme gegeneinander gelinge dies auch. „Das Land“, so Hermlin, „ist wunderschön. Privat kann ich Ihnen nur empfehlen, dorthin zu reisen. Aber ich bin alles andere als optimistisch, was die politische Entwicklung angeht“. Veränderung könne nur bewirken, wenn man die bestehenden Strukturen angreift, um beispielsweise Abhängigkeiten vom Wetter zu durchbrechen. Mit dem Muster „Katastrophe – Hilfe – Katastrophe – Hilfe“ jedoch ändere sich gar nichts. Hermlin hält nicht viel von Hilfsorganisationen, mit eindrucksvollen Beispielen weiß er zu belegen, was im Land ankommt: nämlich nichts.

Und da kann der sonst so elegant-zurückhaltende Erzähler auch schon mal laut werden. Hermlin leidet an Kenia, denn „es ist ein Land, in das man sich eigentlich nur verlieben kann“, doch genau dieses „eigentlich“ ist es, was ihm zusetzt. Kenia ist ihm zur zweiten Heimat geworden; natürlich sei es spannend, wie durch seine Frau eine ganz andere Welt in sein Leben gekommen sei. Andererseits hätten seine Afrika-Reisen auch seinen Blick auf Deutschland nachhaltig verändert: „Wir leiden hier schon auf sehr hohem Niveau“. Ja, richtiggehend wütend kann er werden: „Wenn Sie glauben, es geht Ihnen schlecht in Deutschland, dann gehen Sie mal nach Kenia, sehen Sie sich die Kibera Slums an!, schleudert er einer Dame entgegen, deren Einwand „Aber das kann man doch nicht vergleichen“ er zurecht vehement abschmettert. Und nicht nur das regt Hermlin auf. Auch mit der hiesigen Politik hadert er; namentlich mit den Linken, den er seit zwanzig Jahren die Treue hält, deren aktuelle antisemitische Tendenzen im Deckmantel der Israelkritik er jedoch völlig inakzeptabel findet. Auch, was zu den Mauerbaufeierlichkeiten geschehen ist, habe ihn eher entsetzt. Als geschulter Beobachter sieht Hermlin die Partei hinter den Gründungskonsenz Anfang der Neunzigerjahre zurückfallen. „Wer sich hinstellt und die Mauer zurück haben will – und vor allem, wer sich hinstellt und nicht den Maueropfern gedenkt, von denen übrigens auch Grenzsoldaten gewusst haben, hat nicht nur einen sehr schlechten Stil, sondern macht auch politisch sehr viel kaputt!“ Mit fünfzig Jahren Wissen und Aufklärung im Hintergrund könne man nicht an den alten Parolen festhalten. Ostalgie wird man bei Hermlin vergeblich suchen, und all jene, die gekommen sind, um sich in gemeinsamen Erinnerungen einzukuscheln, müssen enttäuscht werden. Dieser Mann ist hochgradig wach und ganz dem Hier und Jetzt verhaftet. Der Spagat gelingt Hermlin nämlich nicht nur zwischen den Welten, sondern auch zwischen den Zeiten: So liegt ganz selbstverständlich und in scheinbar krassen Kontrast zu seiner auch kleidungstechnisch zelebrierten 30er-Jahre-Attitüde demonstrativ ein Smartphone auf dem Tisch. Auch Nostalgiker können mit der Zeit gehen, Hermlin ist das beste Beispiel – und damit so etwas wie eine lebende Lektion für alle Rückgewandten, ob nun politisch oder musikalisch.

Denn tatsächlich kommt dann auch noch die ein oder andere Musikfrage aus dem Publikum. Wie er es denn geschafft habe, mit seiner Musik sowohl künstlerisch als auch wirtschaftlich über Jahre erfolgreich zu sein? Es habe, so Hermlin, nie Musik gemacht, um Geld verdienen zu wollen oder dem Publikumsgeschmack hinterherzulaufen – dies würde auf Dauer nicht funktionieren. Vielmehr müsse man sich selbst fragen, was man eigentlich will und das dann konsequent umsetzen. Er habe Glück gehabt, dass dem Publikum genau das zu gefallen scheint, was ihm selbst gefällt. Das Geschäft allerdings, gibt er zu, wird nicht leichter. „Wie sehen Sie“, möchte daraufhin eine kulturpessimistische Dame wissen, „die musikalische Jugend, ja, überhaupt die Entwicklung unserer Musik? Ist das nicht alles nur noch Konsum?“ Hermlin, der sich sichtlich über die Frage freut, antwortet zunächst mit einem Zitat: „An seiner Kultur sollst du ein Land erkennen“. Natürlich gäbe es sie, die Konsumenten – aber die habe es schließlich schon immer gegeben. Auch in den Tanzpalästen habe man sich früher berieseln lassen. Nein, er könne diesen Kulturpessimismus nicht teilen, denn zu jeder Tendenz gäbe es stets eine Gegentendenz. Hermlin könne keinen eindeutigen Trend in Richtung eines sich nur noch Berieseln Lassens oder einer nur noch in elektronischer Form produzierten Musik erkennen. Ganz im Gegenteil, er lerne viele Bands kennen, die sich gründen, sodass er hier weitaus weniger pessimistisch als vor, sagen wir, noch fünf Jahren sei. Jetzt komme, so glaubt der Musiker, wieder eine Generation, die wacher ist und sich auch mehr für gute Musik interessiert.

Der folgende Seitenblick gilt seiner Tochter. Sie nimmt er auch zum Anlass, den Abend charmant zu beenden: „Du hast doch Hunger, oder?“ Sie seien noch zum Sushi-Essen verabredet. Eine letzte Frage – wo er sich denn in zwanzig oder dreißig Jahren sehe – beantwortet Andrej Hermlin nur halb im Spaß mit: „Als Berater des kenianischen Präsidenten Raila Odinga“. Er bleibt eben immer politisch. Ich schieße noch ein Foto von Vater und Tochter und denke, hm, Sushi könntest du auch mal wieder essen. Was ich dann auch tue.


My Way. Ein Leben zwischen den Welten
Aufbau-Verlag, 1. Auflage März 2011
EUR 19,95

10. Januar 2010

Der Soundtrack meiner Kindheit

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Die letzten drei Tage habe ich mich durch Jan Josef Liefers’ Soundtrack meiner Kindheit gelesen, ach, was heißt schon gelesen! Verschlungen habe ich es! Ich hatte mir das Buch selbst zu Weihnachten geschenkt und dann erst einmal vergessen. Erst die Tatsache, dass ich in meinem armen vergrippten Dasein nur einen furchtbar drögen Frauenkrimi zur Tageslektüre hatte und dringend nach einer Alternative suchte, ließ mich wieder an den Soundtrack denken.

Anders, als man ob der vielen Besprechungen vermuten könnte, die das Buch vor allem Fans von Ostalgie-Erinnerungsliteratur à la Zonenkinder ans Herz legen, ist dieses Buch weit entfernt davon, auf der 20-Jahre-Mauerfall-Welle mitzureiten. Vielmehr ist es ein sehr persönliches Stück Lebensgeschichte, ja recht eigentlich ein Entwicklungsroman, erzählt mit Herz, Hirn und Humor und vor allem mit viel Musik. Immer wieder ertappte ich mich dabei, gedankenverloren das Buch sinken zu lassen und meine eigene musikalische Sozialisation sowie das Kunststück, in einem repressiven System wie der DDR so etwas wie ein normales Leben zu führen, Revue passieren zu lassen.

Ich bin ein 1976-er Jahrgang. Zur Wende im November 1989 war ich gerade mal dreizehn Jahre alt. Mein aktives und vor allem eigenständiges politisches Denken sollte erst später einsetzen, mit vierzehn, fünfzehn oder sogar erst sechzehn. Mit dreizehn hat man andere Sorgen: Der Junge aus der 8b, hatte er mich gesehen, wie ich mich einmal mehr in der Straße seines Proberaums herumdrückte? Würde es mir gelingen, ihm im Falle einer Begegnung glauben zu machen, ich ginge nur mal gern dort spazieren und rein zuuuuufällig sei da dann besagter Proberaum? Und wann endlich kommt ein Brief von Michael Jackson, der mich um Mitwirkung an seinem nächsten Video bittet? Geschrieben hatte ich ihm immerhin schon vor geraumer Zeit.

Man kann mir also durchaus Naivität vorwerfen, als am Ende der sechsten Klasse unsere Klassenlehrerin die obligatorische Frage nach unserem Beitrittswunsch in die FDJ stellte, die recht eigentlich keine Frage, sondern vielmehr eine Formalie mit Aufforderungscharakter war. Ich war die einzige, die sagte, nö, will ich nicht. Und zwar nicht, weil ich besonders mutig war. Auch nicht, weil ich im Sinne des Dissidententums erzogen wurde, sogar ganz und gar nicht. Sondern schlicht, weil mir alle kollektiven Vereinnahmungen seit jeher gegen den Strich gingen. Schon vor den Pioniernachmittagen drückte ich mich, wo ich konnte, und die Musikschule war eine legitime Ausrede. Frau Müller, so hieß unsere damalige Klassenlehrerin, sah mich hinter ihrer großen Achtzigerjahrebrille mit erhobenen Augenbrauen an: „Aber warum denn nicht?“ – „Weil die Wahlergebnisse gefälscht sind, sagt mein Vater, und ich da nicht mitmachen will.“ Dies ließ sie wundersamer weise unkommentiert stehen. „Aber bedenke doch, wenn du nicht in der FDJ bist, kannst du nicht studieren!“ Bislang hatte ich ja einfach so nachgeplappert, was ich Zuhause aufgeschnappt habe, aber jetzt wurde ich trotzig: „Dann studiere ich eben nicht.“

Ein paar Jahre früher, und ich hätte mir und meiner Familie mit dieser Unbedachtheit, denn mehr war es nicht, wahnsinnigen Ärger eingehandelt, um es vorsichtig zu formulieren. Aber wir schrieben mittlerweile den Sommer des Jahres 1989, und Frau Müller beließ es erstmal dabei. Als einziges Mädchen der Klasse, das in den sogenannten Kopfnoten (Betragen, Fleiß, Ordnung und Mitarbeit) nur drei Einsen zu verzeichnen wusste (ja, die Zwei gab es fürs Betragen), hatte ich, schon damals mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn ausgestattet und zudem recht individualistisch veranlagt, schon öfter für Ärger gesorgt, ob durch das Äußern meiner privaten Meinung (als „vorlaut“ galt das), das Tragen von langen Ohrringen und Nagellack oder den Besitz von Aufklebern, die offensichtlich aus dem Westen stammten (irgendetwas Harmloses mit Snoopy oder so). Meine Eltern mussten sich so einige Male verantworten. Doch diesmal, rückblickend die wohl größte, wenngleich gänzlich unbewusste, Provokation, geschah nichts. Meine Eltern wurden nicht in die Schule einbestellt, es gab keinen Hausbesuch, schlicht nichts. Bis heute kann ich es mir nicht erklären. Wahrscheinlich hatte ich einfach nur Glück gehabt, vielleicht hat es im Hintergrund gebrodelt, die Mühlen der geplanten Sanktionen jedoch derart langsam gemahlen, dass sie schlicht von der Geschichte überholt wurden. Meine Eltern übrigens waren entsetzt, als ich ihnen von meiner Weigerung berichtete. Sie hatten sich bemüht, mich so unpolitisch wie möglich zu erziehen. Kritische Gespräche mit ihren Studienfreunden fanden unter Ausschluss von mir statt, vermutlich, um genau solche Situationen zu vermeiden. Ich sollte nicht auffallen, es leicht haben. „Bist du verrückt“, meinten sie, „du verbaust dir die ganze Zukunft!“

Keine fünf Monate später, meine damalige beste Freundin und ich saßen in der Hofpause auf einer der Steintischplatten, kam Frau Müller zu uns. „Du hattest recht, sie haben die Ergebnisse wirklich gefälscht“, sagte sie. Sie weinte ein bisschen. Für Frau Müller, Deutsch- und Russischlehrerin, war eine Welt zusammengebrochen. Sie hatte ernst genommen, worüber sich fast alle Schüler (es gab natürlich immer die Söhne und Töchter von Hundertfünfzigprozentigen, aber die waren in der Minderheit) hinter der Hand schon lange lustig machten. Das ganze System mit seinen überkommenen Parolen, Appellen, Liedern, die nichts, aber auch gar nichts (mehr?) mit unserer Lebensrealität zu tun hatten. Für Frau Müller war das alles real und wahr, und jetzt stand sie vor dem Nichts. Fast tat sie mir ein bisschen leid.

Anderthalb Jahre vorher, ich hatte gerade meinen zwölften Geburtstag gefeiert, beschlossen meine Eltern, dass ich in jenem Jahr alleine Urlaub bei den Verwandten meines Vaters in Budapest machen soll. In Ermangelung wirklicher Alternativen setzte man mich dort vor den Fernseher. Der rosarote Panther, Tom & Jerry – ich lernte Cartoons kennen und lieben. Irgendwann aber hatte ich sie alle gesehen. Die Videokollektion hatte über die Zeichentrickfilme hinaus noch so genannte „Erwachsenenfilme“ im Repertoire, und auch wenn mich mein Onkel verdächtigte, dass ich mir diese in seiner Abwesenheit ansehen würde, interessierte mich die verbotene Frucht absolut nicht. Ich war noch ein Kind, nicht einmal aufgeklärt. Zu dem Zeitpunkt glaubte ich noch, man würde mit dem Hochzeitskuss automatisch schwanger werden, denn das einschlägige Bilderbuch Ein Kind entsteht, welches ich mir oft und gern mit meinem Vater ansah, zeigte auf einer Seite das junge Brautpaar vor dem Altar, und auf der nächsten Seite war die Frau schon mit einem dicken Bauch zu sehen. Art und Weise der Zeugung wurden diskret übersprungen, sodass es mir ganz folgerichtig schien, mit dem Akt der Hochzeit habe sich das Kind in den Bauch der werdenden Mutter eingepflanzt.

Aufgeklärt werden sollten meine damalige beste Freundin Ulrike und ich ungefähr ein halbes Jahr später durch ihre Mutter. Es begann ganz harmlos. Ich war bei Ulrikes Familie zu Besuch, wir saßen am Küchentisch, und mein Blick fiel auf einen Schlüsselanhänger der hochschwangeren älteren Schwester. Gib Aids keine Chance, war da in Plexiglas eingraviert, und in dem durchsichtigen Anhänger war ein Gummiding zu sehen. „Was issen das?“, fragte ich die Mutter. Sie tauschte einen Blick mit der älteren Schwester, blickte wieder zu uns beiden Zwölfjährigen, seufzte und sagte dann nur: „Setzt euch mal ruhig hin. Ich muss euch da mal was erklären“. Und so kam ich, unter Zuhilfenahme der großen Schwester als praktisches Anschauungsobjekt, zu meinem Wissen, woher die Babies wirklich kommen. Ich glaube nicht, dass meine Eltern sehr unglücklich darüber waren, um das einschlägige Gespräch herumgekommen zu sein.

Im dem Sommer jedenfalls war ich noch weitab von jeglichem Interesse an allem, was man gemeinhin mit Sexualität in Zusammenhang bringt. Aber auch nicht mehr Kind genug, mir die zehnte Wiederholung von Tom & Jerry, so lustig ich sie fand, anzutun. Es sollte sich herausstellen, dass die Videosammlung meines Onkels noch über ein mit „Michael Jackson“ beschriftetes Tape verfügte. Michael Jackson, den Namen kannte ich vom Hörensagen. Als Tochter eines Mozartianers allerdings so gut wie ohne Berührung mit populärer Musik aufgewachsen, hatte ich keine konkrete Vorstellung von ihm. Ich dachte, es wäre ein blondgelockter Weißer in Jeansjacke mit Gitarre um den Hals. So, wie ich mir damals Rockmusiker vorstellte.

Mein Vater hörte Mozart, Mozart und nochmal Mozart. Daneben akzeptierte er Beethoven und Haydn, kurz: jene Trias, die gemeinhin als Vertreter der sogenannten Hochklassik bekannt sind. Wagner oder gar Berg, Schönberg, Webern – das fand schon alles nicht mehr statt. Ich hörte also zwangsläufig auch Mozart, oder meine Märchenkassetten. Natürlich auch meine liebsten Kindermusikkassetten, den Der Traumzauberbaum etwa, und Gerhard Schönes Lieder aus dem Kinderland und Menschenskind, wobei Letzteres streng genommen ein Album für erwachsenen Hörer ist. Wir besaßen eine Kassette, ich weiß nicht, wer sie uns aufgenommen hatte, die wir gemeinhin nur die „Diskokassette“ nannten. One Night in Bangkok von Murray Head war da drauf, viel Abba, viel Boney M. und ich glaube auch Donna Summer, aber auch deutsche Schlager wie Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen von Henry Valentino und Uschi. Ansonsten fand populäre Musik nur im Frühstücksradio statt, Vicky Leandross (ich fürchte, meine Namenspatronin) hatte damals ihre ganz große Zeit, und im Osten war Helga Hahnemann unsagbar populär; außerdem erinnere ich mich an das doppeldeutige Was soll der Hund auf dem Sofa, das lief rauf und runter. Von Rockmusik hatte ich noch nie etwas gehört, kein Wunder, dass meine entfernte Vorstellung davon etwas mit blondgelockten Hünen, die eine Gitarre um den Hals zu hängen hatten, zu tun hatte.

So gesehen ist dieser Klangblog fast eine kleine Sensation …

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