Der Mond auf meiner Türschwelle – klangverführer | Musik in Worte fassen

Der Mond auf meiner Türschwelle

Mit dem Neinsagen ist das so eine Sache. Ich habe es erst ziemlich spät in meinem Leben gelernt, genauer: Ich habe dafür mehr als dreißig Jahre benötigt. Vorher glaubte ich, Ablehnung vertrüge sich nicht mit Höflichkeit. Es liegt auf der Hand, dass ich mich damit in so manch eine, nennen wir es: Situation hineinmanövrierte, aus der elegant herauszugelangen nicht mehr möglich war. Also blieb ich lieber drin. Für Menschen wie mich scheint Ulita Knaus ihren Song She Says No geschrieben zu haben, den sie auf ihrem aktuellen Album The Moon On My Doorstep zwischen elf mich nicht minder ansprechenden Stücken versteckt hat. Ich bin versucht zu behaupten, dass ich seit Valerie Sajdiks Nuits Blanches nicht mehr so begeistert von der CD einer Vokalistin war.

Neben Eigenkompositionen hat sich die Hamburger Sängerin auch an Cover von Künstlern wie Tom Waits oder Pink Floy gewagt, und die Peter-Fox-Nummer Ich Steine, du Steine, die bei ihr wie ein Stück aus dem Alterswerk der Knef klingt, tritt in ihrer Interpretation den Beweis an, dass wir es hierbei im Grunde mit einem bezaubernd poetischen Liebeslied zu tun haben. So ist das, wenn die Kanusifizierung erst mal ihren Gang nimmt.

Ulita Knaus

Spätestens, wenn Knaus nach dem Motto „I decided to take a rest from all that wellness stress“ ihren Kräutertee weggießt, die Yogamatte fortschmeißt und sich stattdessen eine schöne Flasche Rotwein aufmacht, ist man diesem mit einer fast überirdischen Gelassenheit bestechenden, beschwingt vor sich hingroovenden Platte verfallen. Die Nummer, die mir die Essenz des Albums zu sein scheint, wäre mit seiner bestechend lässigen Scat-Einlage in der Tat ein angemessener Abschluss für sie gewesen. Der wirkliche Closer Window Facing West gibt der Platte mit seinen „seven point five squaremeters of happiness“ dann aber einen allzu melancholischen Ausklang, der ihr in meinem Ohren nicht gerecht wird, wobei Knaus selbst diese Sehnsuchtsnummer bewundersnwert kitschfrei intoniert – man stelle sich mit Grauen vor, was ein Musicalsänger daraus gemacht hätte, schließlich verleitet die steigende Tonfolge von Zeilen wie „Because I’m right here with you my Love“ nachgerade zum auf-die-Emotionstube-Drücken! Knaus indessen nimmt Volumen & Co. heraus und hält sich wohltuend zurück. Nicht zuletzt macht hier auch die – im übrigens so ziemlich großartige – Band alles richtig.

Genau das lässt sich im Grunde von der ganzen Platte sagen: Alles richtig gemacht. Eine weiterreichende Rezension lesen Sie wie immer in Ihrem Lieblings-Online-HiFi-Magazin fairaudio.de. Und falls Sie sich um mich Sorgen machen sollten: Mittlerweile kann ich sehr gut Nein sagen. Nur eben nicht zu dieser Platte.

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