A Little Magic in a Noisy World … – klangverführer | Musik in Worte fassen

A Little Magic in a Noisy World …

… ist an Tagen wie diesen genau das, was man braucht. Zu nämlichem Zweck kann man jetzt den gleichnamigen Sampler aus dem Hause Actmusic – neben dem Nachfolger More Magic in a Noisy World definitiv mein liebster Sampler in Sachen Worldjazz! – hören, und wer den nicht kennt, muss ihn sich auf der Stelle besorgen, jetzt noch, bevor er weiter liest. Man kann aber auch in ein Konzert des Gitarristen David Sick gehen, der es ebenfalls vortrefflich versteht, die Welt mit seinem stillen (und manchmal gar nicht so stillen) Zauber für einen kurzen Moment zum Innehalten anzuhalten. Wie glücklich kann man sich schätzen, wenn an Tagen wie diesen Aussicht auf einen Abend wie diesen besteht!

Der Tag jedenfalls startete, wie Tage wie diese es nun einmal zu tun pflegen, unter denkbar schlechten Vorzeichen im Bermuda-Dreieck von Migräne, übler Nachrede und unguten Neuigkeiten. Und auch die nähere Umgebung des Konzertes, zu dem mich Sick – treuen Klangblog-Lesern sicherlich als männlicher Teil des Duos Mara & David ein Begriff – spontan geladen hatte, lässt ob ihrer Trostlosigkeit und Uninspiriertheit zunächst eher Erinnerungen an Dantes Warnung am Höllentore erwachen: Lasciate ogni speranza voi ch’entrate: Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren.


Bonsoir tristesse. Schallplatten gibt es hier jedenfalls nicht mehr

Umso inspirierender dann das eigentliche Konzert. Nicht nur, dass man für einen unmittelbaren Kontakt des Künstlers mit seinem Publikum auch die beengten Sitzverhältnisse und den nicht wirklich optimalen Sound im Hinterzimmer des Prenzl’berger Gitarrenbauers Wolf & Lehmann gern in Kauf nimmt – vor allem David Sicks Interpretationen und Kompositionen sind es, die den kleinsten Raum zum Strahlen bringen und, bleiben wir beim Stichwort, dazu angetan sind, die Menschen zu insprieren. Ob Sick nun beim klassischen Teil des Konzerts, der aufgrund des akustischen Settings als der dieser Umgebung angemessenere erscheint und unter anderem mit einer wunderbaren Version von Roland Dyens‘ Tango en skai aufwartet, die Zuhörer auf kollektive Gedankenreise zu Wendepunkten in der persönlichen Biographie verführt, oder im seine Eigenkompositionen präsentierenden (ich will nicht sagen: Rock/Pop/Jazz-, denn was spielt Sick da eigentlich? Funkbluesindiefolkfingerstyle in oepn tuning?)Teil gar zum Hervorholen des Skizzenblockes anreget – seine Töne bringen zum Singen und wecken eine längst verschütt gegangen geglaubte Kreativität in jedem Einzelnen.

Dass David Sicks Gitarrespiel, und fragen Sie mich jetzt nicht, wie er es macht, denn ich kann es mittels musikwissenschaflich-ästhetisch-analytischer Kriterien nicht erklären, an inneren Orten berührt, zu denen nicht allzu viel Musik in der Lage ist vorzudringen, weiß ich seit seinem Debütalbum Industrial Blues, mit dem ich eine zeitlang sehr intensiv gelebt habe. Und natürlich habe ich mich mehr als gefreut, Stücke wie Cat Song (das von seinem Komponisten, der seine alten Stücke auf der Bühne ohnehin gern mal situativ umtauft, aber vielleicht ist das auch nur die natürliche Entwicklung, die so ein Stück im Laufe der Jahre nun einmal nimmt, nunmehr als Cat Obsession angekündigt wird), Ballad und natürlich auch den Magic Fire Dance, einmal live zu hören, denn obgleich ich David Sick mit Mara & David oft gesehen habe und obwohl ich seinen Industrial Blues so gut zu kennen und verstehen glaube, habe ich – zu meiner Schande – noch nie ein Solokonzert von ihm besucht. Vielleicht ist das alles aber auch viel banaler und ich bin wie die meisten Menschen auch und freue mich einfach, wenn ich etwas höre, das ich schon kenne.

Lügen straft diese These, dass mich zwei neue Stücke elektrisiert haben. Zum einen eines, das Das Leben einer Mikrobe oder so ähnlich heißt – zum anderen eines mit einem ähnlich bilderreichen (Arbeits-)Titel, nämlich Guter Bulle, böser Bulle. Und das habe ich Ihnen als kleines Souvenir von diesem magischen Abend mitgebracht, natürlich in der Hoffnung, dass Sie es für ebenso bezaubernd halten wie ich, dass Sie es kaum erwarten können, bis David Sicks neues Soloalbum erscheint und dass Sie bis dahin die einschlägigen Plattenläden stürmen, um seine aktuelle CD käuflich zu erwerben. Sollte Ihnen Ihr persönlicher Plattendealer ein ähnliches Bild bieten wie der weiter oben im Text gezeigte – ordern Sie es doch einfach direkt beim Künstler, das ist ohnehin viel cooler. Bis dahin viel Freude an Guter Bulle, böser Bulle, das Sie in dieser – nämlich erst zwei Tage alten, noch nicht ganz fertigen – Form wahrscheinlich nie wieder hören können:


Kurz, nur ganz kurz habe ich darüber nachgedacht, das anfängliche Tuning wegzuschneiden. Es wäre schade drum gewesen.

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