Das Klangverführer-5-Minuten-Interview
mit (PopUp-Macher Matthias Puppe
Matthias, die Popkomm musste abgesagt werden, die Branchenriesen jammern. Die (Pop Up hingegen, die sich als alternative Messe versteht und vor allem musikalisches Nischendasein beleuchten möchte, boomt: Schon am 2. April war keine Registrierung für Aussteller mehr möglich, weil ihr komplett ausgebucht wart. Wie erklärst du dir, dass gerade die Kleinen der allgemeinen Untergangsstimmung in der Musikbranche trotzen?
Also, zum einen sind wir natürlich nicht so groß wie die Popkomm. Wir haben hier keine riesigen Standflächen, wo sich 200 Aussteller und mehr tummeln können. Wir haben eine seit Jahren kontinuierliche Größe um die 100 Aussteller. Außerdem denke ich, dass auch dadurch, dass wir eine gute Anbindung an die Musikszene an sich haben und die Leute auch wissen, dass es hier quasi um die Kleineren und Mittleren geht und dass das hier ihr Platz ist, es so ist, dass immer relativ schnell sehr sehr viele da sind, die uns auch vertrauen, uns über die Jahre treu geblieben sind und dann auch Neue mitbringen. Wir haben da ehrlich gesagt keine großen Probleme gehabt.
Vertrauen und Neue mitbringen – vielleicht auch in dem Sinne, dass in der unabhängigen Szene mehr persönliches Engagement vorhanden ist?
Darum geht es ja hier! Wie heißt es bei uns immer so schön: Wir richten uns an die Leute, denen es hauptsächlich um die Musik geht, die großes Engagement hineinstecken und denen es nachrangig um die finanziellen Interessen geht. Das heißt – und wenn du nachher auf die Messe gehst, wirst du es sehen –, hier findet man ganz viele Ideen, ganz viele Leute, die einfach Lust haben, etwas mit Musik zu machen. Bei uns gibt es keine dieser Potemkinschen Dörfer, wie bei anderen Veranstaltungen. Es geht darum, dass die Leute authentisch sind, dass sie sich engagiert um Musik kümmern.
Heißt das auch, die (Pop Up richtet sich nicht nur explizit an ein Fachpublikum wie beispielsweise die Popkomm, sondern auch Musikliebhaber sind hier willkommen?
Das ist ein wichtiger Punkt! Die (Pop Up ist eine Publikumsmesse, und gerade der Kontakt zwischen Publikum und Ausstellern gefällt glaube ich auch den Fachbesuchern, die hier herkommen. Man hat einfach Kontakt mit dem „Kunden“. Und als Publikum sieht man, wer denn die Platten macht, die man toll findet, und so kann man ins Gespräch kommen, was schon ein großer Reiz dieser Messe ist, wie ich glaube!
Was erwartet mich als Musikfan abgesehen von den Konzerten, die im Rahmen des (Pop Up-Festivals stattfinden, also wenn ich jetzt in die Messe reingehe, da sind dann Stände, und was tue ich da?
Du kannst natürlich überall Musik anhören, du kannst beispielsweise auch die Plattencover visuell wahrnehmen … Unsere Maxime ist: Hier gehört alles hin, was mit Musik zu tun hat. Ringsherum. Es geht also nicht nur um die Musik selbst, sondern beispielsweise präsentieren sich auch Button-Hersteller, Leute, die Flyer designen, Leute, die auch T-Shirts machen … Aber eben alles mit der Prämisse: Es geht um Musik. Das ist unsere Ausstellungsidee.
Klingt wunderbar, vielen Dank!
Zu sehen gibt es in der Tat reichlich, nutzen doch mehr als 90 Aussteller die Gelegenheit, sich erstmals an zwei Tagen Fachbesuchern und Publikum zu präsentieren: Kissen in Schallplattenform, Vitamine in Dosen – und immer wieder Vinyl. Interessierte konnten beispielsweise an den Ständen von Kleinstpresswerken wie Celebrate Records, Duophonic oder R.A.N.D.-Muzik die Rohmasse in die Hand nehmen, aus der später dann die (eigene) Schallplatte entsteht. Noch mehr aber gibt es zu hören, haben die Labels doch solche Hörstationen aufgebaut, wie man sie noch aus jener Zeit kennt, als man darauf angewiesen war, sich in dem großen Musikgeschäft mit den drei Buchstaben nachmittagelang durch die Neuerscheinungen zu hören, da ein kurzes Reinklicken in den Song am heimischen Rechner noch in undenk-
barer Ferne lag. In ebenso undenkbarer Ferne lag auch die Möglichkeit, dass digitale Bewertungsalgorithmen à la „Sie haben Produkt abc gekauft? Dann könnte Ihnen auch Produkt xyz gefallen!“ die Empfehlungen eines versierten und geschmackssicheren Musikjournalisten ersetzen könnten. Unter dem Motto Wir tanzen Mechanik! Der Algorithmus hat dem Musikjournalismus längst den Rang abgelaufen widmet die (Pop Up diesem traurigen Phänomen eine Panel-Diskussion.