Klangköpfe # 4: Kein Streichtrio, sondern eine Band (2/2) – klangverführer | Musik in Worte fassen

Klangköpfe # 4: Kein Streichtrio, sondern eine Band (2/2)

Im ersten Teil des Interviewportraits sprach ich mit B.S.O, dem BerlinerStreichOrchester, über seinen Anspruch an seine Musik, zu der auch immer untrennbar die Live-Performance gehört – und genau hier steigen wir mit dem zweiten Teil wieder ein. Außerdem verrät uns das Streichtrio, das sich lieber als Rockband sieht, warum es eine Trennung in sogenannte E- und U-Musik für unsinnig hält, wann wir endlich sein Debütalbum in den Händen halten können und dass Familie „schon irgendwie heilig“ ist – Gänsehautmomente inklusive.


Lina Liebhund lauscht …

Klangverführer: Wir sprachen gerade davon, dass Gunnar nicht mehr den Alleinunterhalter geben, sondern auch die Celli mehr in den Show-Teil eurer Gigs einbinden möchte …

Jupp: Ich finde diese Art von Bühnenperfomance gar nicht so schlimm, muss ich sagen, sie ist nur bislang relativ schwer realisierbar gewesen – und ist es immer noch. Das liegt daran, dass wir, zumindest teilweise, hinter den großen Instrumenten sitzen, außerdem hat nicht jeder von uns ein Mikrophon – meistens haben wir gerade mal eins, um Ansagen zu machen. Uns bei allem, was größer ist, als dieser Raum hier (zeigt auf den Proberaum um sich), hört uns das Publikum nicht, wenn wir unverstärkt reden. Die technischen Voraussetzungen würde ich persönlich jetzt noch in weiter Zukunft sehen.

Gunnar: Eine Voraussetzung dafür wäre – und da sind wir jetzt in der Richtung, aus der wir musikalisch herkommen: ich habe mir neulich Apokalyptika angeschaut, und die spielen größtenteils im Stehen und laufen dabei auch rum –, dass alles wireless funktioniert. Für unser aktuelles Bandbudget findet sich in dieser Kategorie nicht allzuviel, das heißt, wir müssen noch ein bisschen warten – aber künstlerisch sehe ich das schon als nochmaligen Entwicklungsschritt, den wir irgendwann mal gehen werden.

Johannes: Ich würde das auch eher in fernerer Zukunft verorten. Momentan sind wir noch an Probleme gebunden wie „Wie rennt man mit so einem Rieseninstrument quer über die Bühne“?

Jupp: Das lernt man auch nur in den Situationen, während man es tut! Wenn beispielsweise ein Gig ansteht, wo wir geplant haben, mal aufzustehen, proben wir das vielleicht auch mal – aber live ist es immer noch etwas komplett anderes. Wir spielen jetzt anderthalb Jahre zusammen, und noch sind neunzig Prozent der Gigs „gesessen“.

Ich finde das auch nicht schlimm, im Gegenteil! Es spricht doch nichts dagegen, sich auf die Musik zu konzentrieren anstatt auf die Show …

Jupp: Das kommt auf’s Publikum an. Es gibt ganz viele Menschen, die sind erst einmal total überfordert mit diesem „Woah, was machen die mit den klassischen Instrumenten?“ – und wenn wir dann noch stehen würden, dann würde die, glaube ich, abschalten und denken, „nee, das ist mir jetzt zuviel“. Aber wenn wir uns entspannt irgendwo in Berlin hinsetzen und dann so triomäßig beeinander, nicht nur für’s Publikum, sondern hauptsächlich auch für uns selbst etwas spielen, dann finden die Leute das toll. Da bleiben die stehen, denn sie denken, „Hey, was spielen die denn da? Das kenn‘ ich doch!“ Und da kommt wieder der Wiedererkennungseffekt zum Tragen. Die haben das zwar noch nie in dieser Form gehört, aber irgendwoher kennen sie es –

Johannes: Und das ist dann unsere Chance.

Gunnar: Vielleicht merkt man es, das ist auch ein kleiner, ewiger Diskussionspunkt zwischen uns dreien: Ich fordere natürlich, dass die Jungs viel mehr stehen …

Johannes: Ja, und manchmal tut mir das auch Leid für Gunnar. Weil der muss halt schon das meiste leisten, er rennt dann rum …

Gut, er muss die Show machen – aber ihr müsst die Musik machen!

Johannes. Ja, klar, wir haben vielleicht vom Kraftfaktor her in den Händen ein bisschen mehr zu tun … Aber das Entscheidende scheint mir, dass sich das noch entwickeln muss.

Gunnar: Es ist okay, so, wie es jetzt ist, das kommt auch meinem exhibionistischen Gehabe da auf der Bühne zugute, aber es wird darauf hinauslaufen, dass wir die Last gleichmäßiger verteilen – sowohl, was die Arrangements anbelangt, als auch, was die zukünftige Bühnenpräsenz angeht.

Du meinst, dass sich die Jungs showtechnisch nicht mehr hinter ihren Instrumenten verstecken können und du in der Rolle des Alleinunterhalters gefangen bist … Andererseits bist du derjenige in der Band, der neben B.S.O einem ganz normalen bürgerlichen Job nachgeht, während die Jungs Profimusiker sind, bzw. ein Profimusiker und ein angehender Profi. Wie fühlt man sich als Laie dazwischen? Kompensierst du diesen Status mit der Betonung des Showelements?

Gunnar: Das ist eine gute Frage. Für mich ist es eine Herausforderung, auf der Geige mit der Professionalität der beiden Celli mitzuhalten. Ich gebe ganz offen zu, dass auch meine Lernkurve nicht mehr so steil ist, wie bei den beiden, wenn ich mich verbessern will und im Interesse unserer Songs auch verbessern muss. Ich hoffe und es ist auch mein Ziel, dass ich da noch so lange wie möglich mithalten kann, aber die Frage trifft natürlich des Pudels Kern: Das, was ich da auf der Bühne mache, kompensiert natürlich eine ganze Menge. Alles, was in Richtung Show und Unterhaltung und auch Interaktion mit dem Publikum geht, ist schon eine Art der Kompensation dessen, aber natürlich auch eine Bereicherung im Sinne einer Vervollständigung des Gesamtangebotes an das Publikum.


… und latscht durchs Bild …

Auf eurer bald erscheinenden Platte fällt der visuelle Teil aber weg – und das, obwohl ich gerade gelernt habe, dass das Showelement bei B.S.O nicht nur eine wichtige Rolle spielt, sondern in Zukunft auch noch stärker hervorgehoben werden soll. Welche Bedeutung räumt ihr der puren Musik ein, welche der Show, anders gefragt: Ist B.S.O in erster Linie eine Live-Band?

Gunnar: Das ist eine Ergänzung – das kann nur eine Ergänzung sein! Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Und da wir jetzt das erste Mal im eigenen Studio sind und Aufnahmen machen, haben wir erfahren, dass das Recorden richtig, richtig schwere musikalische Arbeit ist. Ich selbst bin ein Live-Mensch. Ich stehe gern auf der Bühne und kommuniziere, ich gehe auf die Leute ein, ich geh hin, geh weg, ich tanz mit denen, ich leg mich hin … Im Studio bei den Aufnahmen soll ich mit einem Mal ganz ruhig sitzen. Das liegt mir so gar nicht und hat bei den Aufnahmen auch erstmal so einiges an Selbstdisziplin gefordert. Ich weiß nicht, inwieweit wir da effektiv waren beim Einspielen, was vor allem Quantität angeht – ich hab‘ pro Tag einen Song geschafft, mehr war einfach nicht drin.

Das ist doch eine gute Quote!

Gunnar: Aber um noch einmal auf deine Frage zurückzukommen, das muss eine Ergänzung sein. Unser Anspruch ist, dass wir live genauso klingen wie auf der Platte. Aber Live ist einfach … da muss man merken, dass die Jungs, die da vorn auf der Bühne stehen, beim Spielen auch mal daneben greifen, weil sie vor allem Spaß dran haben und richtig aufeinander eingehen. Wenn man die CD in den Player legt oder das File in den MP3-Player, dann muss das Gesamtbild von der Musikalität her stimmen. Auf der Bühne ist es Musikalität plus Show.

Ihr kommt ja aus der Live-Ecke, habt da angefangen und spielt seitdem unglaublich viele Shows … Ich kann mir vorstellen, dass er schwerfällt, dieses unmittelbare Gefühl auf Platte zu pressen. Ist das ein Grund, weshalb die Veröffentlichung des Albums immer weiter aufgeschoben wird? Erst sollte es voriges Jahr zu Weihnachten kommen, dann im Sommer, jetzt heißt es, dieses Jahr zu Weihnachten …

Jupp: Unter anderem. Vor allem aber liegt das daran, dass wir viele neue Ideen haben, dass unsere Arrangements nie so einen hundert-Prozent-Status erreichen – es wird immer etwas geben, was man daran noch so ein bisschen verändern kann, und dann wird das gemacht, und man hat noch eine gute Idee, macht auch das ein-, zweimal und sagt sich, „hey, das ist ja viel besser als das, was wir bisher hatten“, oder wir stellen fest, „ach nee, doch nicht“, und machen das wieder rückgängig …

Johannes: Obwohl wir auf dem Album versuchen, wirklich diesen finalen Status zu erreichen. Das ist jetzt neu. Dazu muss man auch sagen, dass ich, oder wir zusammen, die Songs noch einmal neu arrangiert haben, sobald die Nummern feststanden, die auf die Platte kommen. Wir haben uns überlegt, dass es einfach zu banal wäre, sie so einzuspielen, wie wir sie live spielen, und das allein war schon eine langwierige Arbeit.

Das beantwortet ja auch meine Frage nach eurer Musik, wenn die visuelle Komponente wegfällt … Ihr spielt auf der Platte also anspruchsvollere Arrangements!

Jupp: Ich will noch einmal was zu dem Unterschied CD und live sagen: Du hast recht, wir kommen vom Live her – und ein Grund dafür, dass wir das jetzt aufnehmen, ist – daneben, dass wir das alle auch selber wollten –, dass wir ständig gefragt wurden, „Habt ihr eine CD, habt ihr eine CD?“ Und insofern kann diese CD nur eine Ergänzung zu unserem Live-Ding sein, denn ich weiß nicht, wass die Leute erwarten, wenn sie – nachdem sie uns live gesehen haben – eine CD von uns einlegen. Ich persönlich könnte gar nicht dasselbe erwarten. Ich würde mich freuen, wenn der Song, den die Band live gespielt hat und der mir so gut gefallen hat, da drauf ist – aber ich würde jetzt … Keine Ahnung! B.S.O lebt auch davon, dass uns die Leute sehen, dass sie die Celli sehen und nicht nur hören! Dass sie immer gefragt haben, „Habt ihr eine CD, habt ihr eine CD?“, war einer der Gründe, dass wir uns gesagt haben, okay, nehmen wir mal ein paar Songs auf. Dass es jetzt so intensiv wird, dass wir wirklich noch mal die Arrangements überarbeiten – den Anspruch haben wir uns selbst gestellt.

Johannes: Wir stehen uns selbst im Wege. Aber im positiven Sinne.

Ich kann mir schon vorstellen, dass jemand, der euch auf einem Konzert sieht, die CD kauft, weil er das Live-Erlebnis ausdehnen möchte, weil er einfach ein Stück von euch mit nach Hause nehmen will …Die Frage, die sich mir stellt, ist eher: Was erwartet Leute, die euch noch nie live gesehen haben, auf dem Album?

Johannes: Das ist eine spannende Frage! Ich denke, mal auch ein Überraschungseffekt.

Jupp: Auf jeden Fall, weil diese Sache mit dem Covern auf Streichinstrumenten ist schon rein akustisch für die meisten neu …

Johannes: Ja, schon rein soundmäßig!

Jupp: Die Frage wäre hier, wie Leute, die uns noch nie gesehen haben, dazu kommen, die CD zu kaufen. Ich habe den Eindruck, dass die meisten sie nur kaufen würden, eben weil sie uns live gesehen haben! Ich kenne keinen, der über etwas anderes auf uns aufmerksam geworden ist.

Ach, ich glaube, das kommt auf die Art und Weise des Vertriebes an. Wenn sie jetzt beispielsweise auch als digitaler Download in die großen Online-Musikdienste wie Amazon oder iTunes eingespeist wird, liegt der Empfehlungsalgorithmus der Musicstores dahinter, nach dem Motto: Wenn Ihnen Apocalyptica gefällt, gefällt Ihnen bestimmt auch B.S.O, oder so ähnlich. Das sieht natürlich anders aus, wenn ihr nur einen Privatvertrieb geplant habt.


… um mit dem Jungs zu flirten – und die flirten zurück!

Gunnar: Ist das jetzt eine Frage? Also, es ist auf jeden Fall das Ziel, dass wir auch weltweit vertrieben werden, zumindest durch die ganzen neuen Medien. Mein Anspruch ist, was Leute erwartet, die, auch wenn sie uns noch nicht live gesehen haben, ein Album von uns kaufen oder downloaden, dass auf jeden Fall ein Unterschied zu hören ist zu den klassischen Ansätzen, wie sie üblich sind, beispielsweise bei Sterling EQ, die als Streicherband mit Querflöte unterwegs sind. Ich hab ganz hohen Respekt vor den vier Frauen, die das machen, aber mein Anspruch ist, dass die Leute, wenn sie uns sehen, nicht sagen, „aha, jetzt kommt Klassik, die Bon Jovis It’s My Live als kammermusikalischen Höhepunkt inszeniert“, sondern: „Mein Gott, was machen die auf diesen Instrumenten, das klingt ja so dirty …“

Jupp: Genau! Wir wollen unsere Instrumente sozusagen, nicht nur live, an ihre Grenzen führen!

Befreien von dem angestaubten Image?

Jupp: Ja, vom klassischen Schönklang. Das soll jetzt nicht heißen, dass bei uns alles kratzig und gedroschen klingt, sondern einfach nur, dass es eben auch mal so klingen kann, denn das ist auf Streichinstrumenten auch möglich! Wenn wir das machen, ist das nicht zwangsläufig immer gut oder immer passend, aber man kann es machen – und die Instrumente halten es aus!

Gunnar: Auch das muss man klar sagen: Es soll jetzt keine Revolution gegen die Kammermusik sein oder gar gegen die Klassik – es ist am Ende einfach eine andere Sparte, die wir bedienen.

Jupp: Wir nehmen unsere Inspiration einfach überallher, Kammermusik, Rockmusik, und dann machen wir unser eigenes Ding daraus!

Gunnar: Ich weiß gar nicht, ob die Zielgruppe da so riesengroß ist, wie wir das gern hätten – denn wir machen ja kein Crossover! Crossover ist so ein Mischmasch, irgendwie beliebig.

Da bin ich ganz auf deiner Seite! Ist es bei euch vielleicht eher so, dass ihr dem Rockfan das Herz öffnet für Kammermusikalisches und den Klassikfan auch für Rocksounds zu begeistern wisst?

Jupp: Na, das ist immer schwierig. Dann müssten wir ja auch Klassik spielen. Wir haben zwar darüber gesprochen, für bestimmte Anlässe ein kleines klassisches Programm im Repertoire zu haben, die Idee aber nie weiter ausgeführt. Das ist nämlich so eine Sache: Bei klassischer Musik gibt es viel mehr Leute, die einem da auf die Finger gucken und sich fragen, „Wie ist das denn interpretiert? Das ist doch eigentlich ein Mozart-Quartett für Holzbläser, warum haben die das jetzt auf Streichinstrumente übertragen und für einer Dreierbesetzung arrangiert?“ Bei klassischer Musik wird man immer sofort auf ganz andere Weise beurteilt. Deswegen: Klassische Musik spielen – mache ich persönlich gerne. Ist aber nicht Sinn und Zweck dieser Sache hier. Und dem Rockmusiker plötzlich ein klassisches Stück vorzuspielen – das würde dem gar nicht mehr gefallen. Dem gefällt es, dass er kennt, was wir spielen! Und das wäre nicht der Fall, wenn wir jetzt einen Mozart auf irgendeine besonders abgefahrene und rockige Weise spielen würden.

Johannes: Wenn ich ergänzen darf: Ich glaube, so ein bisschen auch unsere Mission, wenn wir sie auch noch nie formuliert haben, ist auch: Der Begriff „klassische Instrumente“ ist ja schon an sich ein Frevel, denn Klassik war damals einfach die Popmusik. Und wir leben im Hier und Jetzt und versuchen auch, so zu klingen! Es gibt Spezialisten, die können Barock viel besser spielen als wir – und machen es auch. Wir machen halt, was wir können.

Jupp: Heutzutage nennt man die Instrumente eben so, und das ist ein bisschen schade.

Johannes: Ja, das ist auch gleich so einschränkend!

Wobei ich diese U-Musik/E-Musik-Unterteilung für überholt halte …

Gunnar: Genau. Als wir neulich auf einer Hochzeit gespielt haben, kam einer danach zu mir, der war ganz schick im Anzug, und erzählte, dass er üblicherweise mit seiner Harley Davidson durch die Gegend fahre. Ich konnte mir den in Leder gar nicht vorstellen! Jedenfalls hat er gesagt, dass er unsere Musik so richtig cool findet. Und auf einmal hatten wir eine Ebene in der Diskussion, wo es gar nicht mehr um die Instrumente ging, sondern um die Musik. Damit war für mich so ein bisschen der Kulminationspunkt erreicht, dass wir das, was wir als Musik rüberbringen wollen, als Message rüberbringen wollen, auch wirklich rübergebracht haben. Egal, ob wir Gitarren spielen oder mit Streichinstrumenten.

Johannes: Jetzt hab‘ ich Gänsehaut!

Das wäre auch ein wunderbarer Schlusspunkt, aber eine Frage kann ich mir einfach nicht verkneifen: nämlich die nach diesem Familiending von B.S.O. Ich habe Anfang des Jahres ein Schwesternpaar interviewen können, das miteinander Musik macht, und sie sagten „singing with your sibling is just like singing with yourself“, weil du schon aus rein genetischen Gründen eine ähnliche Stimme hast, dass du dich in deinem Gegenüber wie im Spiegelbild fühlst … Lässt sich das auf Instrumentalisten übertragen? Macht man durch einen gemeinsamen Genpool Dinge unbewusst ähnlich, spielt man harmonischer zusammen, als wenn man nur befreundet, aber nicht verwandt wäre? Im Sommer hast du gesagt, die Verwandtschaft spiele keine Rolle, euer harmonisches Zusammenspiel liege vielmehr darin begründet, dass ihr die gleiche Ausbildung hättet.

Jupp: Ich erinnere mich, dass wir im Sommer schon mal intensiv darüber diskutiert hatten …

Johannes: … aber auch keine wirkliche Antwort gefunden haben …

Wir waren ja auch ziemlich betrunken … (Das sei uns verziehen. Es war am Tag von Köpfhörerhunds Beerdigung.)

Jupp: Ich persönlich würde heute sagen, das mit der Ausbildung ist wahr. Aber vielleicht, irgendwo ganz entfernt und ganz tief unterbewusst, spielt Verwandtschaft eine Rolle. Wichtiger aber ist: Wir sind auf einer Wellenlänge und kommen gut klar. Dass wir dann musikalisch auch auf einer Wellenlänge sind, ist natürlich ein Vorteil, den wir auch zu unseren Gunsten nutzen.

Gunnar: Und dabei spielt, zumindest aus meiner Sicht, das Familiäre eine immer untergeordnetere Rolle. Spätestens seit dem Zeitpunkt, seitdem wir einen eigenen Proberaum haben und aus dem elterlichen, familienbezogenen Umfeld des Übens raus sind, seitdem sind wir drei Freunde, die hier zusammensitzen.

Ihr seid als Band also nicht Onkel und Vater, Neffe und Sohn, Cousin und Cousin, sondern …

Gunnar: Ich hoffe mal nicht! Ich versuche, hier keinerlei väterlichen Aspekte einzubringen!

Jupp: Wenn mich jemand nach meinen beiden Mitmusikern fragt, sage ich zwar immer, das sind mein Cousin und mein Vater, aber dieses Familiäre verläuft sich immer mehr. Wir sind nicht mehr das Familienprojekt, das wir am Anfang waren und das gesagt hat, hey, du spielst Geige, wir spielen beide Cello, wir können ja mal so’n bisschen Metallica covern. Es war günstig, dass es so angefangen hat, es hat uns den Start erleichtert, aber das steht jetzt nicht mehr im Vordergrund.

Gunnar: Sonst könnten wir auch den ganz am Anfang formulierten Anspruch an die Demokratie innerhalb der Band nicht aufrecht erhalten.

Jupp: Dann wärst du der Patriarch!

Gunnar: Können wir ja mal drüber nachdenken – müsste aber auch wieder mit absoluter Mehrheit dafür gestimmt werden …

Jupp: Sieht also schlecht für dich aus.

Johannes: Ich würde hier noch einmal gern etwas loswerden: Ein ganz wichtiger Punkt bei dem Thema ist Vertrauen. Und das ist etwas, das uns auch den Einstieg so leicht gemacht hat. Familie ist schon … auch ein bisschen heilig. Das stand uns nie im Wege. Es wäre auch okay, wenn wir nicht verwandt wären – aber es wär‘ schade.

Gunnar: Jetzt hab‘ ich auch Gänsehaut.


Hat eben einen guten Geschmack, der Hund!

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