Mara&David @ Sepp Maiers 2raumwohnung – klangverführer | Musik in Worte fassen

Mara&David @ Sepp Maiers 2raumwohnung

Ein kleines Déjà-vu hatte ich am Samstagabend schon, als ich mitsamt Kopfhörerhund zur zweiten Halbzeit in Sepp Maiers wie immer sehr gemütlicher 2raumwohnung ankam: Schon wieder Musikstudenten bzw.
-absolventen, und schon wieder eine gerammelt volle Bude! Achim Seuberling hätte sich im Vorfeld keine Sorgen machen müssen, die 2raumwohnung war über-ausverkauft. Wobei ausverkauft hier ja das falsche Wort ist, gehört es doch zur Philosophie von Sepp Maiers 2raumwohnung, dass kein Mensch für etwas zahlen soll, was er noch nicht gesehen hat. Ergo wird kein Eintritt erhoben; der Spendewillige kann in der Pause seine Münzen entweder in die Klokasse oder seine Scheine in den herumgehenden Klingelbeutel werfen.

Dass dieses Konzept zumindest im Bereich der Musik funktioniert, haben ja bereits diverse Studien zu freiwilligen Bezahlmodellen gezeigt. So beispielsweise die Untersuchung der Ökonomen Tobias Regner (Max-Planck-Institut für Ökonomik, Jena) und Javier Barria (Imperial College, London) am Verhalten der Kunden des Kalifornischen Online-Labels Magnatune. Den potenziellen Käufern wurde hierbei die Möglichkeit eingeräumt, genau jenen Betrag für ein Album zu zahlen, der ihnen angemessen erschien. Wie aus den im August 2009 im Journal of Economic Behavior & Organization veröffentlichten Studienergebnissen hervorging, zahlten die Kunden im Durchschnitt mehr als den empfohlenen Preis. Magnatune schreibt schwarze Zahlen.

Und auch beim Ausgehen setzen mehr und mehr Veranstalter und Gastwirte auf die Formel „Zahle soviel, wie du willst“. Eine Hamburger Gastwirtin zieht auch hier positive Bilanz: „Das Angebot wird nicht ausgenutzt, die meisten Gästen bezahlen sogar freiwillig mehr.“ Eine Studie der Handelsforscher vom WiWi-Lehrstuhl der Uni Frankfurt bestätigt dies: „Menschen wollen etwas zurückgeben, wenn sie etwas erhalten haben.“ Und so also wandert auch bei Sepp Maier der eine oder andere Schein ins Kästchen, und wer dieses Mal nicht so viel hat, gibt nächstes Mal mehr. Ein wirklich schönes, kulturfreundliches Konzept, das hoffentlich noch einige Nachahmer findet.

Aber zurück zu den beiden jungen Musikern, die es geschafft haben, die 2raumwohnung zu füllen. Mara & David nennen sie sich ganz schlicht, und auch ihre Musik ist gekennzeichnet von einer Schlichtheit, die ihresgleichen sucht. Ein Frau, ein Mann und eine Gitarre. Mehr brauchen die beiden, die sich während ihres Studiums an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden kennenlernten, nicht für ihre filigran-schwebenden Klanggebilde. Ein bisschen Jazz, ein bisschen Pop, mal eigenwillig wie Björk oder Joni Mitchell, mal schmeichelnd wie Ani DiFranco oder Portishead. Es ist ganz erstaunlich, welche Klänge David Sick seiner Gitarre zu entlocken vermag, ob intelligente Harmoniespielerei oder teils lässiges, teils treibendes Rhythmusgeschäker; in jedem Falle aber immer einen Soundflokati breitend für Maras Stimme, die darüber zu Höhenflügen ansetzt. Das ist traumhaft schön.

Kein Wunder, dass auch Kopfhörerhund nach den ersten Takten des aufmerksamen Beobachtens der Frau mit den rotbestrumpften Beinen ganz schnell weggeträumt ist …

Comments (2):

  • Warum in die Ferne schweifen? «

    […] noch nicht besitzen, dann wird es jetzt höchste Zeit. Die ist, wie auch das aktuelle Album von Mara & David, auf Ozella Songways erschienen. Und wenn Sie sie dann erst einmal jeden Tag bei sich zu Hause […]

  • Zwischen den Stühlen: Jeanette Hubert & Catrien Stremme live «

    […] Songways, herausbringen wird, wo sie sich mit der handgemachten Musik von Stephan Scheuss oder Mara & David in exquisiter Gesellschaft befindet. Ich nutze die Gelegenheit und schaue bei meiner alten Wohnung […]

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